Mit einem Film, den ein deutscher Privatsender ausgestrahlt hat und einer mehrteiligen Artikelreihe zusammen mit Schweizer Kollegen von „20 Minuten“ hat der Balinger Guido Grandt für reichlich Wirbel gesorgt: Er ist überzeugt, dass im Fall Natascha Kampusch vertuscht und gelogen wird, dass Beweise unterschlagen worden seien. Als Beweis legt er Hunderte Seiten geheimer Akten aus Politik, Justiz- und Polizeikreisen vor, zudem Bild- und Video-Material, das ihm in Österreich zugespielt wurde.

Zusammen mit einem Kollegen, dem 49-jährigen Journalisten Udo Schulze aus Pfalzgrafenweiler, hat Grandt Aktenberge gewälzt, ist mehrfach nach Österreich gereist, hat dort mit Zeugen gesprochen, mit dem Leiter des Staatspolizeilichen Untersuchungsausschusses, Werner Amon (ÖVP), mit dem ehemaligen Präsidenten des Obersten Gerichtshofs in Wien, Johann Rzeszut, mit Politikern und vielen hochrangigen Informanten.

„Einzelne Politiker und Juristen aus Österreich haben uns gebeten, den Fall neu anzustoßen, weil ein Teil der österreichischen Medien wohl politisch gesteuert wird“, sagt Grandt.

Es sei schwierig gewesen: „Natascha Kampusch war natürlich und unbestreitbar das Opfer. Weiter wurde aber nicht hinterfragt“ Angesichts der Beweise, die ihm mittlerweile vorliegen, ist er überzeugt: „Die Causa Kampusch muss neu erzählt werden.“

Er legt Fotos vor, von denen die meisten nicht veröffentlicht worden sind wegen Persönlichkeitsrechten und zum Schutz des Opfers. Sie zeigen Natascha Kampusch als kleines Mädchen, nackt mit flauschiger Stola oder mit hohen Lackstiefeln und Reitgerte vor einem Schaukelpferd, die Geschlechtsteile sind meist sichtbar. Dazu Grandt: „Der Leiter des Untersuchungsausschusses in der Causa Kampusch, Werner Amon, sagte dazu, dass er diese wohl nicht als klassische Familienfotos einstufen würde. Und der ehemalige Präsident des Obersten Gerichtshofs in Wien, Rzeszut, ergänzte, es seien Kinderfotos, die den durchschnittlichen Rahmen sprengen würden.“

Die Mutter, die er daheim aufgesucht habe, habe zwar mit ihm gesprochen, sei aber nicht für ein Interview vor der Kamera bereit gewesen.

Aus Tonbandaufnahmen, die Grandt und Schulze vorliegen, geht hervor, dass ein Nachbar beschrieben habe, wie Wolfgang Prikopil sich an der Haustür von Natascha Kampusch verabschiedet und sie geküsst habe.

Polizeiliche Aktenvermerke belegen: Im Entführerhaus wurde Damenkleidung in Größe 34-36 gefunden, zudem Stringtangas, die Natascha Kampusch passen könnten, ein Buch über Säuglingspflege, ein verpacktes Haarbüschel.

Hat Kampusch sich im Entführerhaus frei bewegen können?

Es gebe Hinweise, dass Prikopil mit Natascha Kampusch in Urlaub gefahren sei und dass sie sich im Haus frei bewegen konnte: „Ihr Verlies im Keller konnte man nur verschließen, wenn jemand von innen mitgeholfen hat“, weiß Grandt aus den ihm vorliegenden Akten. Der Entführer soll mit seinem Opfer im Auto sogar in eine Polizeikontrolle gefahren sein. Natascha Kampusch habe sich nur mit „Augenrollen“ bemerkbar gemacht.

Das Foto des Leichnams von Prikopil, das Grandt und Schulze auch vorliegt, lasse weitere Fragen offen: Es sieht so aus, als sei der Kopf sauber abgetrennt, der Leichnam ansonsten unverletzt. Es gebe Fachleute, die das Bild gesehen hätten, die vermuten, dass Prikopils Kopf bereits abgetrennt war, als er auf die Bahngleise gelegt wurde.

Seltsam findet es Grandt, dass Soko-Leiter Franz Kröll, der schon bald behauptete, dass die Geschichte nicht stimme, Selbstmord begangen haben soll, und dass dessen Bruder Karl Kröll, der im Besitz einiger geheimer Unterlagen seines Bruders war, kurzzeitig in U-Haft genommen wurde mit der Begründung, dass an den Daten ein „schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse“ bestehe und befürchtet werde, dass er „sensible Daten an Dritte, insbesondere an Zeitungen, weiterleiten“ könnte. Karl Kröll hatte die Akte jedoch nicht herausgegeben.

Seltsam findet er auch, dass Natascha Kampusch den Arzt, der sie als erster untersuchte, gefragt habe, wie lange man eine Schwangerschaft nachweisen könne, wenn sie „schon lange vorbei“ sei. „Eine Frage, die man von einem jahrelang gepeinigten und eingesperrten Opfer so nicht erwartet hätte“, meint Grandt.

„Ich bin überzeugt, dass es mehrere Täter gab“, resümiert Grandt – wie inzwischen auch viele andere, die intensiv mit dem Fall beschäftigt sind. Unter der Hand habe er erfahren, dass es in diesem Zusammenhang wohl einen Pädophilen-Ring gebe, der „bis in die höchsten Kreise reicht“. Namen wolle er nicht nennen, obwohl sie ihm bekannt seien. „Es gibt nur Indizien.“

Mittlerweile haben österreichische Parlamentarier Eingaben an die Regierung gemacht. „Es wird Druck gemacht, die Regierung muss Farbe bekennen, Ende März steht die Entscheidung an, ob der Fall neu aufgerollt wird.“

Eine Verschwörungstheorie? Guido Grandt lacht. Er weiß, dass er gerne in diese Ecke gedrängt wird. „Die Ermittlungsbehörden und Medienkollegen, die das behaupten, sollen die uns vorliegenden Akten, Tonband- und Polizeivideoaufnahmen öffentlich widerlegen, und zwar im Beisein von Experten“, fordert er. Dann werde man ja sehen, wer in diesem Fall Verschwörungstheorien verbreitet habe.

http://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.balingen-die-spur-fuehrt-in-paedophilen-kreise.3871b5d9-2811-4432-98ef-f9633312c2d0.html

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