Es ist ein Tabuthema in Deutschland: Zwangsverheiratung von Migrantinnen und solchen Mädchen und Frauen, die einen Migrantenhintergrund haben.

Erstmals führte jetzte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eine Studie durch: “Zwangsverheiratung in Deutschland – Anzahl und Analyse von Beratungsfällen”.

Nachfolgend möchte ich die Kurzfassung dieser Studie wiedergeben (mit Ausnahme der zahlreichen Fußnoten, die bei der Originalquelle (siehe Ende des Artikels) nachgelesen werden können):

III.

Ergebnisse

3.1 Die Rolle von Zwangsverheiratungen in der Beratung und an Schulen

Von den bundesweit befragten 1.445 Beratungs- und Schutzein-richtungen wurden 830 Einrichtungen erreicht, von denen 366 die Frage danach, ob Zwangsverheiratungen bei ihnen im Jahr 2008 eine Rolle gespielt haben, bejahten. Für gut ein Viertel aller ange-schriebenen Beratungsstellen im Bundesgebiet stellte Zwangsver-heiratung in diesem Zeitraum also ein Thema dar, bezogen auf die Einrichtungen, die auf die Befragung geantwortet haben, beträgt der Anteil mehr als 40 %.Angeschrieben wurden Einrichtungen verschiedener Einrichtungs-arten in allen Bundesländern. Hier fällt zunächst eine Diskrepanz der ostdeutschen zu den westdeutschen Bundesländern auf. Wäh-rend sich die ostdeutschen Bundesländer zwar insgesamt gut an der Befragung beteiligten, ist Zwangsverheiratung hier nur in relativ wenigen antwortenden Einrichtungen auch ein Thema. Ein Blick auf die Art der befragten Einrichtungen zeigt, dass Zwangsverhei-ratung am häufigsten in Frauenhäusern/Zufluchtsstellen sowie in Mädchen-/Frauenberatungsstellen ein Thema darstellt. Hier gab jeweils mehr als die Hälfte der antwortenden Einrichtungen an, dass Zwangsverheiratungen bei ihnen im Jahr 2008 eine Rolle spiel-ten. Aber auch bei 43 % der Migrantinnen-/Migrantenberatungs-stellen war Zwangsverheiratung ein Thema. Lesben-/Schwulen-beratungsstellen sowie Jungen-/Männerberatungsstellen hatten noch Ja-Anteile von etwa einem Drittel, nur in den Familien-/Jugend-beratungsstellen scheint das Thema Zwangsverheiratung seltener vorzukommen (hier liegen die Nennungen bei lediglich 26 bzw. 21 %).

Die Klassifikation der Einrichtungsarten beruht auf einer Selbstzu-ordnung durch die Einrichtungen. Der hohe Anteil an „Sonstigen“ umfasst eine Vielzahl von spezialisierten Einrichtungen (wie etwa Einrichtungen des Opferschutzes, Beratungsstellen für Prostituierte, Beratungsstellen bei sexualisierter Gewalt etc.). Bei den Einrichtungen mit „mehreren Arbeitsschwerpunkten“ handelt es sich um solche Ein-richtungen, die mehrere Tätigkeitsschwerpunkte angegeben haben. An der Schulbefragung beteiligten sich 254 von 726 angeschrie-benen Schulen. Auch hier lag der Rücklauf mit 35 % relativ hoch, obschon deutlich niedriger als bei den Beratungsstellen. Anders als bei den Beratungsstellen ist das Thema nach der Erhebung in Schu-len nicht nur dann relevant, wenn Fälle von bedrohten oder betrof-fenen Jugendlichen bekannt wurden. Bei etwa einem Drittel der antwortenden Schulen waren Zwangsverheiratungen ein Thema, ohne dass hier Angaben über möglicherweise betroffene Schülerin-nen und Schüler gemacht wurden..

Dass Zwangsverheiratungen an weniger als einem Viertel der Schu-len, die sich überhaupt beteiligt haben, Thema war, überrascht gerade vor dem Hintergrund der breiten Debatte der letzten Jahre ein wenig. Immer wieder wird dabei hervorgehoben, wie wichtig gerade Prävention und die Arbeit an den Schulen sind.

In diesem Zusammenhang wurden Unterrichtsmaterialien entwickelt, Fort-bildungen für Lehrkräfte konzipiert und durchgeführt sowie an vielen Schulen auch spezifische Bildungsangebote eingeführt.Warum Zwangsverheiratungen trotzdem so selten ein Thema darstellen, wird von den interviewten Lehrkräften unterschiedlich beurteilt. Hier wird zum einen auf die Sensibilität des Themas hin-gewiesen: „Aufgrund der Verschwiegenheit der Betroffenen ist es immer schwer, überhaupt was davon mitzubekommen. Man ver-mutet zwar was, aber es ist eben immer auch nur Spekulation.

Notwendig sei ein gutes und offenes Verhältnis in den Schulen zu den Schülerinnen und Schülern. Daneben wird aber auch deutlich gemacht, dass Zwangsverheiratung nur ein Thema unter vielen sei, die von den Schulen aufgegriffen und behandelt werden müssen. Dahinter stehe häufig das Thema Gewalt. Letztlich sei vor allem auch die Frage, ob es an einer Schule eine Sensibilisierung für das Thema familiäre Gewalt gebe, bestimmend dafür, wie intensiv die Problema-tik in einer Schule diskutiert werde.

3.2 Anzahl der von Zwangsverheiratung Bedrohten und Betroffenen

Das Ausmaß der Betroffenheit von (angedrohten) Zwangsverheira-tungen kann mit der vorliegenden Untersuchung nur auf Basis der im Rahmen der Beratungsstellenbefragung erhobenen Fallzahlen beschrieben werden. Von den 830 Einrichtungen, die sich an der Befragung beteiligt haben, nannten 358 Einrichtungen Beratungs-fälle, die sich für das Jahr 2008 auf insgesamt 3.443 beratene Perso-nen beliefen, darunter 252 (7 %) Männer.Der Wert von 3.443 Beratungsfällen stellt gewissermaßen eine „Bruttogröße“ dar:

I Die Anzahl bezieht sich zunächst nur auf Angaben aus Beratungs- und Schutzeinrichtungen zu der Frage, wie viele Personen sich dort im Jahr 2008 zu dem Thema Zwangsverheiratung beraten ließen. Weiter ist davon auszugehen, dass sich Personen, die in diesem Zeitraum von Zwangsverheiratung bedroht oder betroffen waren, auch parallel in mehreren Einrichtungen beraten ließen und daher in der Zählung unter Umständen mehrfach auftau-chen. Die befragten Beraterinnen und Berater vermuten, dass sich zwischen 14 und 43 % der erfassten Personen mit Beratungsbedarf wegen einer (angedrohten) Zwangsverheiratung noch an weitere Einrichtungen gewandt haben.

IDie Anzahl bildet die Angaben derjenigen Einrichtungen ab, die sich an der Befragung beteiligt haben. Sie gibt also weder Aus-kunft über Bedrohte und Betroffene, die Einrichtungen aufge-sucht haben, die keinen Fragebogen zurücksandten. Noch lässt sie Rückschlüsse darüber zu, wie viele Personen bzw. welche Gruppen von den Einrichtungen nicht erreicht werden. Auf diese Aspekte wird in der Studie ausführlich eingegangen.Zudem wurden sowohl angedrohte als auch bereits erfolgte Zwangs-verheiratungen erfasst. Wie in Tabelle 3-3 abgebildet, fanden 60 % der Beratungen vor einer Verheiratung statt, also im Rahmen einer angedrohten Zwangsverheiratung.

Bei der durchgeführten Falldokumentation lag der anteilige Wert der angedrohten Zwangsverheiratungen sogar bei 71 % und somit deutlich höher.Die durchgeführte Falldokumentation weist zudem auf zwei weite-re Aspekte hin, die auch in Hinblick auf das Dunkelfeld interessant sind: Mit dem eingesetzten Dokumentationsbogen wurde danach gefragt, ob weitere Familienangehörige ebenfalls zwangsverheira-tet wurden. Diese Frage wurde in 25 % der Fälle bejaht, bei insgesamt 199 Beratungsfällen wurde also angegeben, es seien weitere Famili-enangehörige Opfer von Zwangsverheiratungen.

Weiter wurde danach gefragt, ob im Rahmen eines Beratungsfalles weitere Personen mit bedroht waren und wenn ja, welche. Weitere Bedrohte gab es in insgesamt 35 % der Fälle. Dabei handelte es sich etwa hälftig um Familienangehörige und um externe Personen (vor allem Freundinnen/Freunde und Partnerinnen/Partner, in einzel-nen Fällen aber auch Professionelle). Soweit Familienangehörige genannt wurden, sind dies überwiegend weibliche Bedrohte, in 9 % der Fälle wurden auch Kinder als mit bedrohte Personen ange-geben. Insgesamt muss also davon ausgegangen werden, dass die Androhung einer Zwangsverheiratung sich nicht allein auf jene bezieht, die Beratungseinrichtungen aufgesucht haben, sondern in nicht unerheblichem Maße auch weitere Personen im Familien- oder Freundeskreis betrifft.

Zusammenfassend lässt sich in Hinblick auf die Anzahl der von Zwangsverheira-tung bedrohten und betroffenen Personen, die mit dieser Untersuchung erfasst wurden, sagen, dass die Angaben auf einer weiten Definition von Zwangsverhei-ratung beruhen. In 60 % der Fälle war die Zwangsverheiratung angedroht und noch nicht vollzogen. Mit den bereits verheirateten Personen sind auch diejeni-gen erfasst, deren Eheschließung bereits vor längerer Zeit erfolgte.Eine nicht genauer zu beziffernde Anzahl an Personen wurde voraussichtlich mehrfach erfasst, da etliche Betroffene mehrere Beratungsstellen aufgesucht haben. Die befragten Beraterinnen und Berater vermuten, dass sich zwischen 14 und 43 % der erfassten Personen mit Beratungsbedarf wegen einer (angedroh-ten) Zwangsverheiratung noch an weitere Einrichtungen gewandt haben.Insgesamt gaben die Beraterinnen und Berater aus 830 Beratungs- und Schutz-einrichtungen in Deutschland an, dass sie im Jahr 2008 zusammen 3.443 Perso-nen zu dem Thema Zwangsverheiratung beraten haben, darunter waren 252 (7 %) Männer.Personen, die sich nicht an Beratungsstellen wandten, sind hier nicht enthalten. Daneben sind Personen, die im Zuge einer (angedrohten) Zwangsverheiratung zwar nicht selbst zur Ehe gezwungen, aber z. B. als Unterstützungspersonen oder Lebensgefährten mit bedroht sind, ebenfalls nicht erfasst.

3.3 Zugänge zur Beratung

Für die Betroffenen ist der Weg in die Beratung nicht einfach. Die Daten zeigen

drei typische Formen der Kontaktaufnahme zu den befragten Einrichtungen. Knapp ein Drittel der Betroffenen wählt den direkten Kontakt zu den Einrichtungen, bei einem weiteren Drittel sind es Freundinnen/Freunde oder sonstige Dritte, die den Kontakt herstellen. Bei dem dritten Typus – auf ihn entfallen rd. 35 % – erfolgt die Beratung vermittelt über Dritte, dabei handelt es sich häufig um Professionelle (vor allem Mitarbeitende anderer Einrich-tungen, sozialer Dienste an Schulen etc.)Gerade die Beratungen des dritten Typs verweisen auf ein Dunkel-feld der schwer Erreichbaren. Je spezialisierter Beratungseinrich-tungen sind und je differenzierter ihre kommunikative Vernetzung in den relevanten Milieus der potenziell Betroffenen ist, desto eher scheint es ihnen zu gelingen, auch jene Gruppen von Betroffenen zu erreichen, die einen direkten Kontakt zu Einrichtungen vermeiden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass neben dem institutionellen Faktor, der auf den Spezialisierungsgrad und die regionale Erreich-barkeit einer differenzierten Beratungsinfrastruktur verweist, die verfügbaren Daten auf Folgendes hindeuten: Zu den betroffenen Personen, die nicht selbst entsprechende Einrichtungen aufzu-suchen, gehören in der Tendenz eher:

I jüngere Bedrohte und Betroffene, vielfach noch die Schule besuchend,I Personen mit schlechten Deutschkenntnissen undI Betroffene, bei denen die angedrohte Zwangsverheiratung noch nicht vollzogen ist.

3.4 Wer ist vor allem von Zwangsverheiratungen bedroht und betroffen?

3.4.1 Geschlecht und Alter

Von Zwangsverheiratungen sind in erster Linie

Mädchen und Frauen bedroht bzw. betroffen, darunter knapp 30 % im Alter bis einschließlich 17 Jahre. Auf die Altersklasse der 18- bis 21-Jährigen entfallen rd. 40 %. Die jüngste Beratene war 9 Jahre, die älteste 55 Jahre alt. Dass Frauen so deutlich das Bild prägen, sollte nicht zu dem Schluss führen, Zwangsverheiratungen stellten für Jungen und Männer kein Problem dar. Eine mögliche Erklärung liegt vor allem in der Tatsache, dass für diese keine entsprechende Beratungsstruk-tur zur Verfügung steht. Auch wenn die verfügbaren Daten nur auf 5 bis 8 % betroffener Männer hinweisen, so ist hier von einem erheb-lichen Dunkelfeld auszugehen. Nicht zuletzt aufgrund traditionell ausgelegter Männlichkeitsrollen ist der „Graubereich“ zwischen „arrangierter Ehe“ und einer „Zwangsverheiratung“ hier noch schwerer zugänglich als bei den betroffenen Frauen.

Ein Blick auf die Altersverteilung hinsichtlich der Frage, ob die Zwangsverheiratung angedroht oder bereits vollzogen war, zeigt Folgendes:Je älter die Personen, umso häufiger waren sie bereits gegen ihren Willen verheiratet, wenn sie sich in Beratung begaben und hier erfasst wurden: Ab der Altersgruppe von 22 Jahren und älter waren 61 % bereits verheiratet, in 39 % der Fälle war die Zwangsverheira-tung angedroht. Demgegenüber sind von den unter 22-Jährigen erst 15 % verheiratet, in den überwiegenden Fällen war die Zwangs-verheiratung angedroht (insgesamt 85 %). Bei den unter 18 Jahre alten Personen liegt der Anteil der bereits verheirateten bei 7 % (15 Personen). Für 13 von diesen 15 Personen lagen Angaben zur Art der Eheschließung vor. Daraus ergibt sich, dass nur 4 der Ehe-schließungen standesamtlich bzw. in staatlich anerkannter Form erfolgten (in einem Fall auch bei einer unter 16-Jährigen, bei der die Verheiratung in staatlich anerkannter Form im Ausland stattfand). Weitere 9 sind ausschließlich im Rahmen einer rechtlich nicht verbindlichen religiösen oder sozialen Eheschließung verheiratet worden.

3.4.2 Herkunft, Staatsangehörigkeit, Aufenthaltsdauer

Fast alle Beratenen haben einen

Migrationshintergrund; die meis-ten sind in Deutschland geboren (32 %), gefolgt von der Türkei (23 %), Serbien/Kosovo/Montenegro (8 %) und dem Irak (6 %).Die Frage, aus welchen Herkunftsländern die Personen kommen, wurde mit der Falldokumentation erhoben. Bei der Datenauswer-tung wurde die Zuordnung zu den entsprechenden Ländern aus-schließlich nach politischen Kategorien vorgenommen. Berücksich-tigt wurden nur Länder, die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen sind oder die von diesen Mitgliedsstaaten mehrheitlich völker-rechtlich anerkannt werden. Herkunftsregionen, die völkerrecht-lich anerkannten Staaten angehören, oder Ethnien, die in solchen Staaten leben, werden in der folgenden Tabelle also nicht gesondert ausgewiesen.

Nicht bestätigen lässt sich die These, dass von Zwangsverheira-tungen in Deutschland fast ausschließlich Menschen türkischer Herkunft betroffen seien. Insbesondere der Blick auf die Herkunfts-länder der Eltern (vgl. 3.5.1) bestätigt, dass 44 % der erfassten von Zwangsverheiratung bedrohten oder betroffenen Menschen einen türkischen Migrationshintergrund haben. Damit bilden diejenigen mit türkischer Herkunft zwar die größte Gruppe, insgesamt stellen sie aber weniger als die Hälfte aller Beratenen – dies vor dem Hin-tergrund, dass sie die größte Gruppe der in Deutschland lebenden ausländischen Bevölkerung und der in Deutschland lebenden Bevölkerung mit Migrationshintergrund ausmachen.Ein Blick auf die

Staatsangehörigkeiten zeigt zudem, dass 44 % der zu Zwangsverheiratungen beratenen Menschen die deutsche bzw. die deutsche plus eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen (Tabelle 3-6). Damit übersteigt der Anteil der Personen mit deutscher Staatsange-hörigkeit den Anteil der in Deutschland Geborenen von 32 % deutlich. 56 % der Bedrohten und Betroffenen verfügen nicht über die deut-sche Staatsangehörigkeit, 2 % dieser Personen sind staatenlos.

In der hier untersuchten Gruppe ist die deutsche Staatsangehö-rigkeit seltener vertreten als unter den insgesamt in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund: Von diesen sind 53 % Deutsche, 47 % haben keine deutsche Staatsangehörigkeit.

Soweit der Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit als Indiz von Integration gelten sollte, ließe sich eine daraus abzuleitende These, dass das Problem Zwangsverheiratung überwiegend sehr wenig integrierte Personen betrifft, nicht bestätigen. Immerhin besitzt gerade im Alter zwischen 18 und 27 Jahren etwa die Hälfte der erfassten Personen die deutsche Staatsangehörigkeit.Auch von den im Ausland Geborenen leben die meisten seit Langem in Deutschland – nur ein Fünftel weniger als 5 Jahre. Etwa ein Fünf-tel der Beratenen hatte einen befristeten Aufenthaltstitel.

3.4.3 Erwerbsbeteiligung, Bildung

Die Mehrheit befand sich zum Zeitpunkt der Beratung noch in der Ausbildung – 37 % in einer schulischen und 21 % in einer beruflichen Ausbildung.Die Differenzierung nach dem Status der Zwangsverheiratung zeigt, dass sich die zum Beratungszeitpunkt bereits verheirateten Perso-nen merklich seltener noch in schulischer oder beruflicher Bildung befanden als die Personen, deren Verheiratung erst angedroht war. (Nur insgesamt 22 % der bereits Verheirateten befanden sich noch in der schulischen oder beruflichen Ausbildung.) Der Anteil der Erwerbstätigen ist in dieser Personengruppe fast vergleichbar, jedoch sind Nichterwerbstätige und Arbeitslose hier erkennbar stärker vertreten (Tabelle 3-8).Im Ergebnis fällt also auf, dass die zum Beratungsbeginn bereits ver-heirateten Personen – auch unabhängig von ihrem Alter – über eine deutlich geringere schulische und berufliche Bildung verfügten und in deutlich geringerem Maße am Erwerbsleben beteiligt waren.

Ein entsprechendes Ergebnis lässt sich in Hinblick auf die erreich-ten Schulabschlüsse feststellen: Die bereits Zwangsverheirateten verfügten über eine deutlich schlechtere Schulbildung als jene Menschen, die von einer Verheiratung bedroht waren (Tabelle 3-9). Insbesondere haben 44 % der bereits Verheirateten die Schule ohne Schulabschluss verlassen, während dies nur auf 19 % der noch nicht Verheirateten zutrifft. Die schon Verheirateten haben entsprechend auch deutlich seltener einen Haupt- oder Realschulabschluss. Auf dem Niveau der (Fach-)Hochschulreife zeigen sich indes keine Ver-änderungen mehr.

Vergleichbar den Ergebnissen zur Schulbildung hatten die Men-schen, die zum Beratungszeitpunkt bereits verheiratet waren, auch ein deutlich niedrigeres Berufsbildungsniveau: 80 % waren ohne Berufsausbildung, während dies nur auf 57 % der noch nicht Zwangsverheirateten zutraf.Diese Ergebnisse lassen sich nicht mit dem Umstand erklären, dass die bereits Verheirateten im Schnitt älter sind als diejenigen, die von Zwangsverheiratung bedroht sind. Auch unter Ausschluss des Faktors „Alter“ zeigt sich, dass die Gruppe der Verheirateten wesent-lich schwächer an der schulischen und beruflichen Bildung beteiligt und deutlich häufiger arbeitslos und nicht erwerbstätig ist. Hier ist vielmehr die Annahme plausibler, dass im Falle einer Zwangsver-heiratung die Ausbildung und Erwerbstätigkeit der Betroffenen mindestens nicht weiterverfolgt oder aber auch verhindert werden. Auch in diesem Zusammenhang dürfte das Risiko von Schul- bzw. Ausbildungsabbrüchen eine Rolle spielen.

Quelle: http://www.bmfsfj.de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/Pdf-Anlagen/Zwangsverheiratung-in-Deutschland-Anzahl-und-Analyse-von-Beratungsf_C3_A4llen,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf

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