Im Folgenden möchte ich mich ausdrücklich NICHT mit den weltverschwörerischen Vorwürfen beschäftigen, dass Freimaurer mit dem Teufel paktieren, Schwarze Messen abhalten oder gar Menschenopfer darbringen (dies alles gehört in die krude Schubalde von völkischen oder kirchlichen Verschwörungstheoretikern), sondern mit den magischen, okkulten und esoterischen Strömungen, Personen und Weltanschauung innerhalb der Freimaurerei, die „nachweisbar“ und „belegbar“ sind.

„Schau in dich. Schau um dich. Schau über dich!“ Das sind die drei Leitsätze der Freimaurerei für die Arbeit am rauhen Stein, die den Lehrling, den Gesellen und den Meister betreffen.

Im 18. Jahrhundert erlebte vor allem in Frankreich Magie und Okkultismus eine Renaissance. Auch „edle“ und gebildete Menschen frönten und huldigten ihm schon fast wahnhaft. Freimaurer ließen sich ebenfalls zur Esoterik hinreißen und beschäftigten sich ernsthaft mit Magie. Sie sahen dabei die freimaurerischen Lehrbilder nicht mehr im Sinn des Humanitätsideals, des Baus des Menschheitstempels, obwohl sie mit ihren Logen eigentlich „Horte der Aufklärung“ sein wollten.

„Im 18. Jahrhundert war die Freimaurerei in Frankreich und Deutschland Einflüssen der Magie ebenso wie solchen der Alchemie, der Kabbala und der Mystik ausgesetzt,“ gestehen die Freimaurer selbst. „Ihre Symbolik…wurde von manchen Systemen mit Magie förmlich durchtränkt.“[1]

Verschiedene Strömungen, wie beispielsweise die Gold- und Rosenkreuzer, die sich durchwegs auf freimaurerische Kreise stützten, verbanden ihre eigene Anschauungen und Ideen mit freimaurerischen Ritualen, in dem sie die äußere Form der Freimaurerei für sich selbst annahmen, gaben sich als Freimaurer aus, umgekehrt genauso, beriefen sich auf Andersons Konstitutionen und deuteten an, die Freimaurerei sei „Trägerin geheimer Kenntnisse des Wissens um letzte Dinge, die ihr von Weisen des Altertums, so Pythagoras und Zoroaster, überkommen seien.“ Von der Rosenkreuzerei ging also eine freimaurerische Magie aus, ein magischer Katechismus, in dem auch Totenbeschwörung eine Rolle spielte und in der Okkultisten den freimaurerischen Symbolen eigene Deutungen gaben. So wurde König Salomo zu einem großen jüdischen Magier, dessen Kräfte man auch dem Großmeister zuschrieb. In manchen Logen wurde gar nach dem Stein der Weisen gesucht.  Diese phantastischen Auslegungen kamen insbesondere in den Hochgradsystemen zur Geltung. Der französischen Version des „Royal Arch“ nach, einem wichtigen Grad in den angelsächsischen Ländern, der zuerst als höhere Abteilung und Vervollkommnungsstufe des Meistergrades eingeführt worden war, sollten sich auf dem Grundstein des Salomonischen Tempels geheime Zeichen befinden, die dem Eingeweihten offenbar die Gabe verliehen Gold zu machen! Insbesondere in den „schottischen Graden“ waren viele hermetische Symbole zu finden. So beeinflussten nicht nur Astrologen und Kabbalisten, Theosophen und Visionäre, sondern auch Alchimisten und Magnetiseure zahlreiche Riten der Freimaurer. In einigen Logen fanden auch spiritistische Sitzungen statt, wurden Propheten „gesichtet“ oder gar der Stein der Weisen im eigenen Urin gesucht! Auch in Deutschland griff dieser okkulte und spiritistische Spuk in seiner wüstesten Form unter den Freimaurern um sich:  scheinbar wurde Gold gebraut und einzelne Personen verstanden es meisterhaft einen „wahren Hexensabbat um sich zu entfesseln“. Andere wiederum versumpften in zutiefst mittelalterlicher Mystik, bekannten sich fanatisch zur Rosenkreuzerei und hielten die „Lehre von der Gemeinschaft mit den Geistern“ für das einzige wahre Wissen.

„Aber nicht nur in Frankreich, sondern auch in den anderen Ländern fanden sich zahlreiche Jünger solcher freimaurerischen Verirrungen, die sich in alle Systeme einzunisten trachteten, so dass sich innerhalb der Freimaurerei eine Art okkultistische Internationale bildete.“ („Internationales Freimaurer Lexikon“, S. 623) Doch während es noch an einer Stelle heißt, dass mit der Jahrhundertwende dann „im allgemeinen der Spuk zu Ende“ war, heißt es an anderer: „Auch in der Zwischenkriegszeit waren okkulte Bestrebungen in der Gesellschaft und damit auch in einzelnen Freimaurergruppen deutlich erkennbar.“ („Internationales Freimaurer Lexikon“, S. 622)

Die „Hinneigung zur esoterischen Seite der Freimaurerei“ war also doch nicht vorbei und auch heute scheinen sich „mancherorts in kleinen Zirkeln“ Brüder im Geiste an die okkultistische Freimaurerei und die damit verbundene Symbolik anzulehnen. Hier herrscht die Ansicht, dass Freimaurerei „erlebt“ werden muss, das Zeremoniell das Abbild einer „tieferen Wirklichkeit“ sei, an der jeder Eingeweihte teilhaben kann, „Bildung an sich ein Ballast“ wäre, der „nicht zur wahren Erkenntnis“ führe und die „lebende Tradition“ die „Kollektivität der in der Vergangenheit Initiierten“ sei und die freimaurerischen Werkzeuge (wie beispielsweise Meißel, Hammer, Zirkel, Brecheisen, Winkelmaß, Kelle, Wasserwaage, Senkblei, Akazienzweig) würden dem Eingeweihten helfen, sich den „wahren Sinn“ der Freimaurerei zu erarbeiten. Selbst der Totenschädel wird okkultistisch gedeutet und der „Akt der Einweihung gibt im erhöhten Maß Anlaß zu okkulten Deutungen“ („Internationales Freimauer Lexikon“, S. 624). So symbolisiert (nach Oswald Wirth) beispielsweise der Meißel die „unerschütterliche Energie“, das Brecheisen die „unwiderstehliche Macht“, den „Willen“, der Zirkel die „Vernunft“, die Setzwaage die „Gleichheit“ aller, das Winkelmaß die „Soziablität“.

Schon alleine das „magische“ oder „religiösverbrämte“ Brimborium einer Loge, ohne näher darauf einzugehen, denn das würde den Rahmen dieses Buches sprengen, gibt aufgeklärten Menschen doch zu denken, denn hier finden neben Altar beispielsweise auch Totenschädel, Logenschwert und Dolch, sowie das Pentagramm (als „Flammender Stern“) seinen Platz. Dieser flammende Stern symbolisiert die „eigentliche Einweihung, die Illumination, also die Erleuchtung“, die Erweckung des „sozialen Bewusstseins, sowie den „erwachenden und reifenden Geist“ und deutet dem „Suchenden“ den Weg zum Licht, zum Lebenssinn.

Neben dem Pentagramm sind in einer Loge auch noch das „Mosaische Pflaster“ zu finden, eine Nachbildung des Pflasters, das sich im biblischen Salomonischen Tempel befunden haben soll, zwei Säulen („Jachin“ und „Boas“), sowie der „Thron“ des Meisters. Und auch ein Sarg darf nicht fehlen, als Symbolstück im Wiedergeburtskult des freimaurerischen Rituals, mit dem Kopfende zur Tür, also gen Westen zeigend (beim Meisterritual). Das alles wird noch angereichert durch fast lächerlich[2] wirkende Namen des „Bruder Erster Aufseher“, der auch „Schrecklicher Bruder“ genannt wird (beispielsweise bei der Aufnahme eines Neulings), oder der „Kammer der verlorenen Schritte“ (in der mitunter Leuchter und Totenschädel stehen). Hier wird der Neuling auch mit einem Skelett konfrontiert, das ihn dazu bewegen soll über die Nichtigkeit irdischer Dinge und die Vergänglichkeit des Seins nachzudenken! Zu Beginn der Aufnahme in den 4. Grad mancher Johannis-Logen wird der „vollkommene Meister“ mit einem Strick um den Hals in die Loge geführt. Beim „Meisterritual“ wird auch das Mysterienspiel des „Sohns der Verwesung“ gespielt: der Meister vom Stuhl stellt „König Salomo“ dar, Zeremonienmeister, Aufseher und drei „Mörder“ sind ebenfalls anwesend. Der Meisteranwärter spielt also den Maurer-Messias Hiram, der ermordet wird. Der Erste schlägt ihm mit einer Messlatte „quer über die Gurgel“, der Zweite schlägt ihm den Winkel auf die linke Brustseite und der Dritte schwingt den Spitzhammer und zertrümmert ihm den Kopf. Alles nur symbolisch natürlich. Der so gemeuchelte Meisteranwärter liegt nun „tot“ auf dem Boden, das rechte Bein angewinkelt, zugedeckt mit einem Tuch, das einen Grabhügel darstellen soll, darauf gelegt ein Akazienzweig. Nun wird versucht den „Toten“ wiederzuerwecken, mit Lehrlingswort („Jachin“), mit der Formel aus der Hiramslegende („Die Haut löst sich vom Fleische“) und dem Gesellenwort („Boas“). Doch das misslingt, so dass das „Notzeichen der Meister“ alle übrigen Logenbrüder herbeiruft („Zu Hilfe, Ihr Söhne der Witwe!“), die nun um den „Toten“ herumstehen, das „Zeichen des Schreckens“ vollführen und laut „Mach-benak“ oder „Moabon“ rufen. Dieses neue Meisterwort, das soviel wie „Sohn der Verwesung“ oder „Sohn der Witwe“ heißt, erweckt den „Toten“ mit einem bizarren Ritual wieder zum Leben. „Der Meister ‚erhebt’ den Erwachenden, steht Brust an Brust mit ihm, Fuß an Fuß, Knie an Knie, Hand in Hand, die linke Hand um den Nacken des Erweckten geschlungen. So flüstert er ihm das magische Meisterwort ins Ohr: ‚Moabon’“ (Gößling). Mit „jubelnder Musik“ schließlich wird der neugeweihte Meister zum Meistertisch geleitet.

Der „bedeutendste Vertreter der ‚modernen’ mystischen Maurerei“ (Karl R. H. Frick) war beispielsweise Oswald Wirth (1860 – 1943), Mitglied der Loge „Travail et Vrais Amis fidèles“ („Grande Loge de France“) und des „Obersten Rates des A. u. A. Schottischen Ritus“, Herausgeber einer Freimaurer-Zeitschrift und verschiedener Bücher. Er wird jedoch durch seine Logenbrüder keinesfalls kritisiert, sondern als „besonders verdient“ durch seine Freimaurer-Werke betrachtet, die sich unter anderem mit alter Alchemie und dem Symbolismus der hermetischen Maurerei beschäftigte. Für ihn war die moderne Freimaurerei die Fortentwicklung der hermetischen Philosophie.


[1] vgl. „Magische Maurerei“ in: „internetloge, das Informationsportal zum Thema Freimaurerei“ verantwortlich: Franz-L. Bruhns, Altstuhlmeister der Freimauerloge „Am Rauhen Stein“ in Hamburg (http.//www.internetloge.de/etkt/magmau.htm/Zugriff: 20.07.07)

[2] selbst Vertreter der Freimaurerei geben zu, dass Uneingeweihte die Schilderung des Ablaufs Ritualen und ihre Symbole als „komisch“ empfinden könnten/vgl. „Fragen und Antworten/FAQ“ in: http://freimaurer.org/faq/links.htm(Zugriff: 14.06.08) der „Vereinigten Großlogen von Deutschland“

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