Lange galt das kleine Island als Paradies für Investoren: Privatisierung des Finanzsektors, Bankenfusionen, Deregulierung des Arbeitsmarktes und günstige Kredite sorgten für diesen Ruf. Doch kurz nach dem Zusammenbruch der amerikanischen Lehman-Brother-Bank 2008  „implodierten“ auch die wichtigsten Banken Islands. Mit verheerenden Auswirkungen für die Bevölkerung. Die lief Sturm gegen Banken und Regierungen, ein neues Parlament wurde gewählt.

Doch vergessen sind die Schuldigen bis heute nicht: kriminelle Bankster und Politker. Denn jetzt machen sie ernst, die Isländer. Endlich, sagen die einen. O Gott, die anderen.

Fakt ist: die Isländer ziehen diejenigen zur Verantwortung, die an der Finanzkrise mit Schuld hatten und sich daran noch bereicherten.

Großbanken wie Kaupthing, Glitnir und Landsbanki ließ man zusammenbrechen. Nun müssen sich ihre Manager für ihre Fehlspekualtionen vor Gericht verantworten!

Beispiel: Ragnar Gudjonsson, Ex-Vorstandschef der Byr Savings Bank und deren Ex-Präsident Jon Jonsson fädelten noch kurz vor dem isländischen Bankenkollaps 2008 einen 800 Millionen Kronen-Deal mit einer Holdingfirma ein. Dabei wurde der Kredit nicht etwa für Investionen etc. bei der Holding benutzt, sondern um die von Jonsson und Gudjonsson gehaltenen Aktien an der Byr Savings Bank zu kaufen und diese dann als Sicherheit für den erhaltenen Kredit zu hinterlegen. Ein schwerwiegender Betrug, bei dem sich die Verantwortlichen wohl auch die Taschen vollgemacht haben.

So sieht es der Oberste Gerichthof Islands auch: Gudjonsson und Jonsson wurden zu viereinhalb Jahren Haft – ich betone – OHNE BEWÄHRUNG verurteilt. Ein solch hartes juristisches Aburteilen von kriminellen Bankstern darf man sich auch hierzulande wünschen.

Und das ist nur der Anfang in Island! Ein ehemaliger Polizeileutnant wurde von der Regierung beauftragt, Personen aus dem Finanzsektor aufzuspüren, die mit Schuld am Kollabieren des Bankensystems waren. Die daraus resultierenden Anklagen sollen ebenfalls für Aburteilungen ausreichen. Dafür wurde eigens das Bankgeheimnis gelockert, damit die Ermittler ungehindert Einblick hinter die Kulissen nehmen können.

So kann sich kein Banker und kein Politiker in Island  vor dieser neuen „Investigationsabteilung“ mit rund 100 Sonderermittlern mehr sicher sein: der ehemalige Personalchef des Finanzministeriums ist bereits wegen Verdachts von Insiderhandel in den Fokus geraten.

Bis 2015 soll der Finanzsektor gesäubert sein.

So ziehen wir andächtig den Hut vor dem kleinen Island und träumen weiter davon, dass auch in Deutschland Bankster und Politiker endlich vor Gericht zur Rechenschaft gezogen werden.

Quelle:

http://www.lemonde.fr/europe/article/2012/07/11/l-islande-traque-ses-neo-vikings-de-la-finance-responsables-de-la-crise_1728783_3214.html?xtmc=olafur_hauksson&xtcr=2

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