Peter Scholl-Latour ist tot. Ende letzter Woche ist er nach langjähriger Krankheit im Alter von 90 Jahren in seinem Heimatort Rhöndorf am Rhein verstorben.
Geboren 1924 in Bochum arbeitete er für die ARD und das ZDF, war Chefredakteur des „Stern“ und später als freischaffender Publizist. Er produzierte aufsehenerregende Fernsehreportagen und schrieb dutzende Bestseller.
Peter Scholl-Latour hatte viele Kriege und Bürgerkriege hautnah erlebt: Ob beispielsweise in Algerien, Vietnam, Irak und Afghanistan – Scholl-Latour erlebte das Grauen und den Schrecken mit.
Damit ist nicht nur einer der größten und scharfsinnigsten Journalisten unserer Zeiten von uns gegangen, sondern auch eine Stimme der Vernunft. Eine Stimme gegen den Mainstream und gegen die oftmals verharmloste westliche Politik. Auf der Suche nach der Wahrheit begab er sich oft selbst in Lebensgefahr.
Scholl-Latour fand immer Worte, die nicht nur bewegt, sondern sich später auch bewahrheitet haben. Trotz vieler Kritik. Er nahm kein Blatt vor den Mund, war politisch opportun und kannte die Welt – vor allem die Brandherde – wie seine Westentasche. Im Gegensatz zu den meisten seiner Kritiker war er dort vor Ort, wo andere nur bequem von ihrem Bürostuhl aus scheinbar kluge Worte fanden.
Auf die Frage …
… Wie konnten Sie Ihre Unabhängigkeit bewahren in all den Jahren?
antwortete Peter Scholl-Latour einmal erhellend:
„Das ist wirklich erstaunlich. Ich habe in meinem Leben niemals Zensur erlebt. Ich habe einmal einen Versuch erlebt, als der amerikanische Vietnamkrieg begann. Und da hatte ich aus meiner Erfahrung des französischen Indochinakrieges, die ja sehr intensiv war, gesagt, das Ding kann schief gehen und wird auch schief gehen. Und da hat der deutsche Außenminister, der damals auch Gerhard Schröder hieß, dann beim Westdeutschen Rundfunk, das war mein Sender, interveniert und gesagt, der Scholl-Latour in allen Ehren, aber der verdirbt uns die Beziehungen zu Amerika. Und dann hat mich mein Intendant einbestellt, das war ein Eichenlaubträger an der Ostfront, und hat mich zwei Stunden lang befragt und hat dann kurz und preußisch gesagt: „Machen sie weiter!“. Das würde heute nicht mehr stattfinden. Und damals im ZDF hat ja der Intendant Herr Stolte mich völlig abgeschirmt gegen jede Kritik von außen und insofern war ich in meiner Fernsehtätigkeit frei. Als dann die Bücher kamen, war es auch kein Thema – die Verlage schauen auf die Auflage. Heute ist das nicht mehr der Fall. Das ist ja keine neue Erkenntnis, Paul Sethe, der ja ein ungemein konservativer Leitartikler war, und für die Welt und für die FAZ schrieb, hat mal vor vielen Jahren geschrieben: „Die Freiheit der Presse im Westen ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu publizieren“, inzwischen sind es keine 200 mehr, inzwischen sind es nur noch 4 oder 5 Leute.“
Peter Scholl-Latour war ein unabhängiger Geist, der keinem gefällig war. Ein Welterklärer wie es ihn nur einmal gab.
Er wird uns fehlen.
Ruhe in Frieden!