GUIDO-KOLUMNE-MIX ♦ No.  555 (93/2015) ♦


Über die Flüchtlings- und Asylfrage wird in ganz Europa gestritten. Denn viele Länder wollen eine vorgeschlagene Flüchtlingsverteilungsquote nicht. Vor allem ost- und mitteleuropäische Länder sind dagegen.

So weigert sich beispielsweise Polen kategorisch, mehr als 100 syrische Flüchtlinge aufzunehmen.

Im Vergleich: Deutschland hat zirka 100.000 Syrer aufgenommen.

Ungarn errichtet seine innereuropäischen Grenzen wieder, um die Rückkehr von Flüchtlingen aus anderen EU-Staaten zu verhindern. Aber nicht nur das: Zum südlichen Nachbarland Serbien soll ein vier Meter hoher Zaun die Grenze für Migranten dichtmachen.

Die Festung Europa wird ausgebaut.

Nicht aber in Deutschland. Obwohl die Debatte immer schärfer geführt wird.

Im Jahr 2014 wurden hierzulande rund 203.000 Asylanträge gestellt. Bis Mai 2015 waren es zirka 142.000. Tendenz steigend.

Doch blicken wir einmal weg von theoretischen Vorschlägen und Diskussionen, von Zahlen und Prognosen. Werfen wir vielmehr einen Blick dahin, wo die Flüchtlingsfrage bereits zum Brennpunkt des täglichen Lebens geworden ist.

In die betroffenen Landkreisen, Kommunen, Städten.

Wie beispielsweise in Meßstetten im Zollernalbkreis. Fast 1000 Meter hoch auf der Schwäbischen Alb  und damit eine der höchstgelegenen Städte in Deutschland.

Einem kleinen, beschaulichen, konservativen und sauberen Ort.

Eigentlich.

Die kleine Meßstettener Kernstadt zählt gerade mal 5000 Seelen.

Doch seit dem Herbst 2014 ziehen dort Gewitterwolken auf, die immer dunkler werden.

Und das hat seinen Grund.

Seit  2014 wird hier die Zollernalb-Kaserne nicht mehr militärisch genutzt. Einst war sie Stationierungsort des Einsatzführungsbereichs 1 der Luftwaffe. Zudem befanden sich an diesem Standort das Control and Reporting Centre (CRC), eine militärische Luftraumüberwachungszentrale sowie das lokale HADR (Radar) der Stabs- und Unterstützungskompanie.

Denn seit Oktober 2014 wird die Zollernalb-Kaserne als Landeserstaufnahmestelle (LEA) für Flüchtlinge genutzt.

Und seit dem, so scheint es, ist in dem kleinen schwäbischen Ort alles – oder zumindest vieles – ganz anders.

Den Meßstettern wurde gesagt, dass zunächst 500 Flüchtlinge kommen. Doch schnell waren es 1000. Und jetzt sind es über 1500.

Innerhalb kurzer Zeit hat sich ihre Zahl also verdreifacht.

Erinnern wir uns: in der Kernstadt Meßstettens leben gerade mal 5000 Einheimische. Die Flüchtlinge in der nahen Umgebung machen nun  30 Prozent aus.

Aus der beschaulichen Kleinstadt wurde „Asyl-City“, wie mir ein Anwohner bei meiner Vor-Ort-Recherche heimlich zuflüstert.

Dass dies Probleme mit sich bringt, liegt auf der Hand. Und sprichwörtlich auch auf der Straße, wie wir noch sehen werden.

Der SWR (Zur Sache Baden-Württemberg) hat sich für  eine Sendung zum Thema „Kein Platz mehr für Flüchtlinge: Was tun Herr Ministerpräsident?“ vom 25. Juni 2016 in der LEA und in Meßstetten umgesehen.

Und hat Besorgniserregendes zu Tage gebracht.

Wo beginnen wir?

Am besten am Anfang.

In der LEA gehen täglich 1500 Speisen über die Kantinentheke. In Zeiten des Ramadan, wie jüngst, kommt es ab 21.30 Uhr zu Rangeleien um ein warmes Essen. Davon jedenfalls berichtet Frank Maier, der Leiter der LEA.

Krankenstation und Kindergarten sind hoffnungslos überfüllt. Inzwischen sind neben den normalen Übernachtungsmöglichkeiten auch Feldbetten aufgebaut und Schlafsäcke ausgelegt.

Hinter vorgehaltener Hand wird von Streit und Auseinandersetzungen in der Flüchtlingseinrichtung erzählt. Die Stimmung ist angespannt. Sogar hier drinnen und nicht nur dort draußen.

So musste der private Sicherheitsdienst Anfang Juni 2015 um 25 Prozent aufgestockt werden. Wenn die Security-Mitarbeiter nichts mehr ausrichten können, kommt die Polizei.

Und die hat es wahrlich nicht weit. Denn in unmittelbarer Nähe gibt es einen eigenen Posten.

René Dietrich von der Polizeistation LEA Meßstetten berichtet davon, dass die Kollegen fast täglich beziehungsweise nächtlich dort anrücken müssen.

Da scheint auch der eigene LEA-Streetworker nicht viel ausrichten zu können, der ja eigentlich Konflikte (auch zwischen Meßstettener und Flüchtlingen) verringern soll. Und zwar mit einer Art „Benimmschule“.

So predigt er den Fremden, dass sie sich respektvoll gegenüber den Einheimischen verhalten sollen.

Vor allem gegenüber Frauen und jungen Damen keine anzüglichen oder unfreundlichen  Gesten zu machen. Denn da hätte man vereinzelt immer wieder schlechte Erfahrungen gemacht, so Streetworker Dietrich.

Stattdessen lieber freundlich „Hallo“ sagen.

Und nicht zu viel Alkohol trinken und Müll produzieren.

Müll.

Neben Alkohol und anzüglichen Gesten gegen Frauen und „jungen Damen“, also Jugendlichen oder Mädchen, ein weiteres Problem. Zumindest rund um den einstündigen Weg von der LEA in die Stadt, den die Flüchtlinge nehmen.

Dieser führt mitunter am Wildgehege vorbei. Der natürliche Park wurde schon 1972 gegründet. In ihm leben verschiedene Tierarten wie Pfauen, Dam- und Rothirsche, Wildschweine und sogar Mufflons.

Neben dem Waldlehrpfad gibt es auch einen Spiel- und Grillplatz.  Gerade letzterer wird nun von den Flüchtlingen frequentiert. Zum Wildgrillen beispielsweise. Fünfzig, manchmal sechzig sollen es sein, die dann auch schon mal über die Zäune des Wildgeheges steigen und dort den Tieren das Leben schwer machen.

Seit das bekannt geworden ist, meiden viele Einheimische das Gehege.

Verständlich.

So also scheint langsam die Stimmung zu kippen. Denn die Grenze der Flüchtlingsflut in dem kleinen Ort Meßstetten ist längst erreicht.

Was aber sagen die Bürger in der Kernstadt? In „Asly-City“?

Einer, ein Mann, meint, dass sich Frauen bei Nacht hier nicht mehr sicher fühlen könnten. Denkt man an das, was René Dietrich von der LEA-Polizeistation berichtet, dass die Kollegen fast täglich ausrücken müssen, scheint auch das verständlich.

Ein Hauptziel der Flüchtlinge, die von der LEA in die Kernstadt ausströmen scheint der örtliche LIDL zu sein.

Leider gibt es auch darüber nicht viel Positives zu berichten. Denn seit die Anzahl der Fremden steigt, nehmen auch die Ladendiebstähle zu.  Das berichtet die Polizei. Aus diesem Grund hat LIDL nun extra Sicherheitspersonal eingestellt.

Vor dem Discounter verbringen auffallend viele Flüchtlinge ihre Zeit. Oft auch mit reichlich Alkohol.

Die SWR-Reporterin besucht eine Familie, die direkt gegenüber wohnt. Auf Anraten der Polizei hat diese inzwischen ein Absperrband vor ihrem Grundstück angebracht. Denn auf ihrer Wiese geschieht nicht nur Unschickliches, sondern geradezu Ekelhaftes.

Flüchtlinge benutzen das Fleckchen Gras mit den Holzstapeln nämlich mitunter als Stilles Örtchen – für wirklich „alle Geschäfte“.

Bei gutem Wetter finden sich hier fünfzig bis achtzig Flüchtlinge, so Joachim Spähler und Erika Zahner. Sie glauben der Landesregierung längst nicht mehr, dass 2016 mit der LEA  Schluss sein soll, wenn doch immer mehr von den Fremden kommen.

„Die (Politiker) belügen doch die Bürger hier“, bringt es Spähler auf den Punkt. Denn diejenigen, die einst von 500 Flüchtlingen sprachen und nachher sind es dreimal so viel, nein, denen glaubt man nicht (mehr).

Auch das ist verständlich.

Selbst der CDU-Landrat des Zollernalbkreises, Günther-Martin Pauli, ist über diese Zustände wohl alles andere als entzückt. Er meint, dass man nun an einem Punkt angelangt sei, wo man das einfach nicht mehr akzeptieren könne. Nicht weil man es nicht wolle, sondern weil man es nicht könne. Und spricht damit sicher vielen Anwohnern direkt aus der Seele, so als könnte er ihre Gedanken lesen.

Pauli meint weiter, dass die Flüchtlinge ja nicht in der Kaserne bleiben, sondern in die Stadt gehen, in die Discounter. Und wenn diese nicht „ordnungsgemäß betreut“, „wachsam begleitet“ und nicht richtig „eingewiesen“ würden, käme es zu zusätzlichen Konflikten und Herausforderungen. Jenen würde man nicht gerecht werden, wenn man in  einer Stadt zunächst Versprechungen mache, dass 500 Menschen kommen sollten, maximal 1000 und jetzt seien 1500 bereits überschritten.

Und Landrat Pauli formuliert den Satz, den viele da oben im schwäbischen Meßstetten hören wollen. Und vielleicht auch anderswo in der deutschen Republik: „Da muss man einfach auch mal Halt sagen!“

Halt.

Denn Mitmenschlichkeit und Hilfsbereitschaft, so der CDU-Mann weiter, würde ein Stück weit erdrückt werden, durch das, dass zu viele Menschen kämen und man nicht die Chance hätte, dem gerecht zu werden.

Genau das ist der Knackpunkt.

Das ist die Krux.

Das ist die Quintessenz der Flüchtlingsdebatte.

Nicht nur in Meßstetten, sondern in ganz Deutschland. In der gesamten EU. Vielleicht sogar auf der ganzen Welt.

Fassen wir also noch einmal die Probleme im kleinen Meßstetten mit der großen Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge zusammen.

Nicht etwa um zu diskreditieren. Nicht um  zu diffamieren.

Sondern um sie plastisch vor Augen zu führen:

– Völlig überfüllte Flüchtlingsunterkunft.

– Streit und Auseinandersetzungen unter den Flüchtlingen.

– Aufstockung des privaten Sicherheitsdienstes in der LEA um 25 Prozent.

– Polizei rückt täglich/nächtlich in die LEA aus.

– Nicht immer verhalten sich Flüchtlinge respektvoll gegenüber Einheimischen. Insbesondere gab oder gibt es anzügliche oder unfreundliche Gesten gegenüber Frauen und „jungen Damen“.

– Probleme mit Alkohol und Müll.

– Wildgrillen und „Störung“ der Tiere im Wildgehege.

– Viele Einwohner meiden die Umgebung.

– Die Stimmung kippt.

– Frauen sollen sich nachts nicht mehr sicher fühlen (heißt es).

– Ladendiebstähle in den Discountern steigen mit der Flüchtlingszahl.

– Sicherheitspersonal muss von diesen eingestellt werden.

– Vor dem Discounter finden sich viele alkoholisierte Flüchtlinge.

– Flüchtlinge benutzen eine nahe Wiese als Stilles Örtchen für „alle Geschäfte“.

– Die Bürger fühlen sich von der Politik belogen und im Stich gelassen.

– Selbst der Landrat will diese Zustände nicht mehr akzeptieren.

– Moniert, dass Flüchtlinge nicht „ordnungsgemäß betreut“, „wachsam begleitet“ und nicht richtig „eingewiesen“ werden können.

– Dadurch entstehen zusätzliche Konflikte und Herausforderungen, denen man nicht mehr gerecht wird.

– „Halt!“ sagen.

Diese Fakten, die Sie gerade gelesen haben, stammen nicht etwa von Rechtsradikalen. Nicht von Neonazis, nicht von Unverbesserlichen und auch nicht von Rassisten oder Ausländerfeinden, wie immer schnell verlautbart wird, sobald man Probleme mit den Flüchtlingen auf den Tisch bringt.

Oh, nein.

Sondern von Journalisten, Polizisten, Streetworkern, Einheimischen, dem Landrat …

Und so kann man die aufgezeigten Probleme in „Asyl-City“ Meßstetten nicht einfach mit der wohlbekannten Nazi-Keule weghauen.

Ganz im Gegenteil: Dieser 5000-Seelenort ist sozusagen das praktische und authentische Abbild deutscher Asyl- und Flüchtlingspolitik.

Und seines Versagens.

Vor allem seines Versagens.

Diese Probleme mit Flüchtlingen kommen auf uns zu. Oder sind es bereits.

Überall im Land, wo es überfüllte Flüchtlingsunterkünfte, überforderte Anwohner und finanziell klamme Kommunen und Städte gibt.

Das muss uns klar sein.

Uns allen.

Bürgern wie Politikern.

Nur, dass die Politiker diese Probleme lösen müssen.

Dafür werden sie gewählt.

Dafür werden sie bezahlt.

Bleibt zu hoffen, dass diese Lösung – wie immer sie auch aussehen mag – zufriedenstellend sein wird.

Für alle.

Für die Flüchtlinge.

Und für die Einheimischen.

 


Quellen:

SWR (Zur Sache Baden-Württemberg): „Kein Platz mehr für Flüchtlinge: Was tun Herr Ministerpräsident“ vom 25. Juni 2016

http://de.statista.com/statistik/daten/studie/76095/umfrage/asylantraege-insgesamt-in-deutschland-seit-1995/

http://mediendienst-integration.de/dossiers/syrische-fluechtlinge.html

http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/06/25/festung-europa-eu-plant-fluechtlingslager-und-blitz-abschiebungen/

http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/06/24/ungarn-macht-die-grenzen-dicht/

Eigene Recherchen, Vor-Ort-Gespräche etc.


DENKEN SIE IMMER DARAN:

SIE HABEN EIN RECHT AUF DIE WAHRHEIT!

 Ihr und euer

GUIDO GRANDT

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In eigener Sache: 

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Herzlichen Dank!


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