Ein Gastkommentar von Heinz G. Jakuba

(Freier Online-Journalist und Blogger)


Der 8. Mai als Tag der Befreiung ist zumindest unter verschiedenen Historikern umstritten. Denn nicht an diesem Datum, sondern schon einen Tag zuvor erklärten die Deutschen die bedingungslose Kapitulation.

Dazu schrieb der deutsche Historiker Hubertus Knabe:

Am 7. Mai unterschrieb Generaloberst Alfred Jodl im Auftrag der deutschen Reichsregierung im französischen Reims die Kapitulationsurkunde. Nur weil Stalin darauf bestand, den triumphalen Akt im Hauptquartier der Sowjets ein zweites Mal durchzuführen, wurde die Zeremonie am nächsten Tag in Berlin wiederholt.

Auch hier erfolgte die Unterschrift nicht am 8. Mai, sondern erst kurz nach Mitternacht – weshalb Russland den Sieg im „Großen Vaterländischen Krieg“ einen Tag später feiert.

Quelle: https://hubertus-knabe.de/75-jahre-kriegsende/

Die Bundespolitik spricht in diesem Sinne von einem „Tag der Befreiung“, der sogar als Feiertag Eingang in die deutschen Kalender Einzug halten soll.

Der Historiker Professor Dr. Heinrich August Winkler sagte bei seiner Ansprache „8. Mai – 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges in Europa – Gedenkstunde im Plenarsaal des Deutschen Bundestages dazu:

„Es war nicht so, dass die überwältigende Mehrheit der Deutschen den Sieg der Alliierten im Mai 1945 als Befreiung erlebt hätte. Anders als die Völker, denen dieser Sieg die Befreiung von deutscher Fremd- und Gewaltherrschaft brachte, bedeutete der „Zusammenbruch“ des nationalsozialistischen Regimes für viele Deutsche zugleich den Zusammenbruch ihres Glaubens an den „Führer“ und ihrer Hoffnungen auf einen deutschen „Endsieg“. Als Befreiung erlebten die bedingungslose Kapitulation zunächst nur die Deutschen, denen der verbrecherische Charakter von Hitlers Herrschaft schon vorher bewusst geworden oder von jeher bewusst gewesen war.“

Quelle: https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/8-mai-70-jahrestag-des-endes-des-zweiten-weltkrieges-in-europa-gedenkstunde-im-plenarsaal-des-deutschen-bundestages-ansprache-von-professor-dr-heinrich-august-winkler–805330nbsp;

„In Wirklichkeit“, so der deutsche Historiker Hubertus Knabe, dachte vor 75 Jahren niemand daran, die Deutschen zu befreien. Die Alliierten wollten sie vielmehr militärisch schlagen – und zwar so nachhaltig, dass sie bedingungslos kapitulierten. Selbst die Amerikaner, die den größten Anteil daran hatten, dass die Bundesrepublik zu einem demokratischen Staatswesen wurde, sahen sich keineswegs als Befreier. In der Direktive 1067, die der amerikanische Präsident Harry S. Truman am 10. Mai 1945 billigte, wurde dem Vereinigten Generalstab der USA vielmehr ausdrücklich vorgeschrieben, dass Deutschland „nicht besetzt [wird] zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als besiegter Feindstaat“.

Quelle: https://hubertus-knabe.de/75-jahre-kriegsende/

Tatsächlich war das so:

Quelle: http://ghdi.ghi-dc.org/sub_document.cfm?document_id=2297&language=german


Weiter heißt es in der Direktive an den Oberbefehlshaber der US-Besatzungstruppen in Deutschland (JCS 1067) (April 1945):

Die Direktive JCS 1067 an den Oberbefehlshaber der US-Besatzungstruppen in Deutschland legt im April 1945 die Grundzüge der amerikanischen Besatzungspolitik für die Nachkriegszeit fest. Ihre zahlreichen strengen Bestimmungen bleiben offiziell bis Mitte 1947 gültig. Demnach ist Deutschland als Feindstaat zu behandeln, der dauerhaft daran gehindert werden muss, zu einer erneuten Gefahr für den Frieden zu werden. „Fraternisierung“ zwischen amerikanischen Besatzungsangehörigen und Deutschen wird verboten. Die Entnazifizierung soll durch die Auflösung aller NS-Organisationen und den Ausschluss ihrer Mitglieder aus dem öffentlichen Leben und herausgehobenen Stellungen in der Wirtschaft erreicht werden. Der Neubeginn des politischen Lebens ist nur mit amerikanischer Genehmigung möglich, streng kontrolliert werden soll auch die Wiedereröffnung der Bildungseinrichtungen. Ebenfalls nach strikten Vorgaben soll das wirtschaftliche Leben wieder in Gang kommen. Die Wirtschaft soll dezentralisiert und mit Hilfe deutscher Behörden kontrolliert werden. Ein wirtschaftlicher Wiederaufstieg Deutschlands über das zur Versorgung der Besatzungstruppen und zum Leben der Bevölkerung unbedingt Notwendige ist nicht erwünscht. Der Lebensstandard in der US-Zone darf den benachbarter Staaten nicht übersteigen.

1. Zweck und Umfang dieser Direktive

Diese Direktive ergeht an Sie als den Kommandierenden General der Besatzungstruppen der Vereinigten Staaten in Deutschland. In dieser Eigenschaft werden Sie als Mitglied der Vereinigten Staaten beim Kontrollrat auftreten und außerdem für die Verwaltung der Militärregierung in der Zone oder den Zonen verantwortlich sein, die den Vereinigten Staaten zur Besetzung und Verwaltung zugewiesen sind. Sie enthält die grundlegenden Richtlinien, die Ihnen nach Beendigung des zusammengefaßten Kommandos des Obersten Befehlshabers der Alliierten Expeditionsstreitkräfte in den genannten beiden Eigenschaften als Anleitung dienen werden.

Diese Direktive gibt Richtlinien für die in der ersten Zeit nach der Niederlage gegenüber Deutschland einzuschlagende Politik. Als solche soll sie keine endgültige Festlegung der Politik unserer Regierung bezüglich der Behandlung Deutschlands in der Nachkriegswelt darstellen. [ . . . ]

I.
Allgemeine und politische Angelegenheiten

[ . . . ]

4. Grundlegende Ziele der Militärregierung in Deutschland:

a) Es muß den Deutschen klargemacht werden, daß Deutschlands rücksichtslose Kriegführung und der fanatische Widerstand der Nazis die deutsche Wirtschaft zerstört und Chaos und Leiden unvermeidlich gemacht haben, und daß sie nicht der Verantwortung für das entgehen können, was sie selbst auf sich geladen haben.

b) Deutschland wird nicht besetzt zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als ein besiegter Feindstaat. Ihr Ziel ist nicht die Unterdrückung, sondern die Besetzung Deutschlands, um gewisse wichtige alliierte Absichten zu verwirklichen. Bei der Durchführung der Besetzung und Verwaltung müssen Sie gerecht, aber fest und unnahbar sein. Die Verbrüderung mit deutschen Beamten und der Bevölkerung werden Sie streng unterbinden.

c) Das Hauptziel der Alliierten ist es, Deutschland daran zu hindern, je wieder eine Bedrohung des Weltfriedens zu werden. Wichtige Schritte zur Erreichung dieses Zieles sind die Ausschaltung des Nazismus und des Militarismus in jeder Form, die sofortige Verhaftung der Kriegsverbrecher zum Zwecke der Bestrafung, die industrielle Abrüstung und Entmilitarisierung Deutschlands mit langfristiger Kontrolle des deutschen Kriegspotentials und die Vorbereitungen zu einem späteren Wiederaufbau des deutschen politischen Lebens auf demokratischer Grundlage.

d) Andere alliierte Ziele sind die Durchführung des Reparations- und Rückerstattungsprogramms, Nothilfe für die durch den Naziangriff verwüsteten Länder und die Betreuung und Rückführung der Kriegsgefangenen und Verschleppten der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen.

5. Wirtschaftskontrollen:

a) Als Mitglied des Kontrollrats und als Zonenbefehlshaber werden Sie sich von dem Grundsatz leiten lassen, daß der deutschen Wirtschaft in dem Maße Kontrollen auferlegt werden können, als erforderlich ist, um die in der vorstehenden Ziffer 4 aufgezählten Ziele zu erreichen und außerdem, soweit sie zum Schutz der Sicherheit und zur Befriedigung des Bedarfs der Besatzungsstreitkräfte und zur Sicherstellung der Produktion und Aufrechterhaltung von Lieferungen und Dienstleistungen notwendig sind, um Hungersnot oder Krankheiten und Unruhen, die eine Gefährdung dieser Streitkräfte darstellen würden, vorzubeugen. Sie werden bei der Durchführung des Reparationsprogramms oder anderweitig nichts unternehmen, was geeignet wäre, die grundlegenden Lebensbedingungen in Deutschland oder in Ihrer Zone auf einem höheren Stand zu halten als in irgendeinem benachbarten Mitgliedstaat der Vereinten Nationen.

b) Bei der Einführung und Durchführung der durch Sie oder den Kontrollrat vorgeschriebenen Kontrollmaßnahmen sollen die deutschen Behörden, soweit es praktisch durchführbar ist, angewiesen werden, die Durchführung dieser Kontrollen anzukündigen und zu übernehmen. Dadurch soll dem deutschen Volk klargemacht werden, daß die Verantwortung sowohl für die Durchführung dieser Kontrollen als auch für jegliches Versagen bei solcher Kontrolltätigkeit bei ihm selbst und bei den deutschen Behörden liegt.

6. Entnazifizierung

a) Der Kontrollrat soll einen Aufruf erlassen, durch den die Nazi-Partei, ihre Gliederungen, angeschlossenen Verbände und untergeordneten Organisationen und alle öffentlichen Nazi-Einrichtungen, die als Werkzeuge der Parteiherrschaft gegründet worden waren, aufgelöst werden und ihr Wiederentstehen in jeder Form untersagt wird. Sie werden dafür sorgen, daß diese Politik in Ihrer Zone schleunigst verwirklicht wird, und Sie werden alles tun, um das Wiedererstehen irgendeiner dieser Organisationen als Untergrundbewegung, in getarnter oder in geheimer Form, zu verhindern.

[ . . . ]

c) Alle Mitglieder der Nazipartei, die nicht nur nominell in der Partei tätig waren, alle, die den Nazismus oder Militarismus aktiv unterstützt haben, und alle anderen Personen, die den alliierten Zielen feindlich gegenüberstehen, sollen entfernt und ausgeschlossen werden aus öffentlichen Ämtern und aus wichtigen Stellungen in halbamtlichen und privaten Unternehmungen wie (1) Organisationen des Bürgerstandes, des Wirtschaftslebens und der Arbeiterschaft, (2) Körperschaften und andere Organisationen, an denen die deutsche Regierung oder Unterabteilungen ein überwiegendes finanzielles Interesse haben, (3) Industrie, Handel, Landwirtschaft und Finanz, (4) Erziehung und (5) Presse, Verlagsanstalten und andere der Verbreitung von Nachrichten und Propaganda dienenden Stellen. Als Personen, die nicht nur nominell in der Partei tätig waren und die den Nazismus oder Militarismus aktiv unterstützt haben, sind diejenigen zu behandeln, die (1) ein Amt innehatten oder anderweitig auf irgendeiner Stufe von den örtlichen bis zu den Reichsstellen der Partei und ihrer Gliederungen aktiv gewesen sind oder in Organisationen, die militaristische Lehren unterstützen, (2) irgendwelche Naziverbrechen, rassische Verfolgungen oder Diskriminierungen veranlaßt oder an ihnen teilgenommen haben, (3) sich als Anhänger des Nazismus oder rassischer und militaristischer Überzeugungen bekannt haben, oder (4) der Nazipartei oder Nazifunktionären oder Naziführern freiwillig beträchtliche moralische oder materielle Hilfe oder politische Unterstützung irgendwelcher Art geleistet haben. Keine dieser Personen darf in irgendeiner der oben angeführten Beschäftigungsarten aus Gründen der verwaltungstechnischen Notwendigkeit, Bequemlichkeit oder Zweckdienlichkeit beibehalten werden.

[ . . . ]

7. Entmilitarisierung

a) Sie werden in Ihrer Zone sicherstellen, daß alle Einheiten der deutschen Streitkräfte einschließlich der halbmilitärischen Organisationen als solche aufgelöst werden und daß ihre Angehörigen sofort entwaffnet und überwacht werden. Sie werden alle Militärpersonen, die unter die Bestimmungen der Ziffer 8 fallen, verhaften und gefangenhalten, bevor endgültig über sie verfügt wird

[ . . . ]

8. Als Kriegsverbrecher verdächtige Personen und Verhaftungen im Interesse der Sicherheit

a) Sie werden Adolf Hitler, seine Haupt-Nazi-Komplizen, andere Kriegsverbrecher und alle diejenigen Personen, die an der Planung oder Durchführung von Naziunternehmungen beteiligt waren, die mit Greueltaten oder Kriegsverbrechen in Verbindung standen oder zu solchen führten, ausfindig machen, verhaften und gefangenhalten, bis Sie weitere Anweisungen darüber erhalten, was mit ihnen geschehen soll.

[ . . . ]

9. Politische Tätigkeit

a) Keine politische Tätigkeit irgendwelcher Art darf ohne Ihre Genehmigung begünstigt werden. Sie werden dafür sorgen, daß Ihre Militärregierung keine Bindung zu irgendeiner politischen Gruppe eingeht.

b) Sie werden jegliche Verbreitung von nazistischen, militaristischen oder pan-germanistischen Lehren verbieten.

c) Sie werden keine deutschen Aufmärsche militärischer, politischer, ziviler oder sportlicher Art gestatten.

d) Rede-, Presse- und Religionsfreiheit sind zu gewähren, soweit sie nicht militärische Interessen beeinträchtigen.

[ . . . ]

14. Erziehung

a) Alle pädagogischen Einrichtungen in Ihrer Zone mit Ausnahme derjenigen, die schon vorher auf Grund einer Genehmigung alliierter Stellen wiedererrichtet worden sind, sind zu schließen. Die Schließung von nazistischen Erziehungsinstituten, wie Adolf-Hitler-Schulen, Napolas und Ordensburgen und von Naziorganisationen innerhalb anderer pädagogischer Einrichtungen soll für immer gelten.

b) Ein koordiniertes Kontrollsystem über die deutsche Erziehung und ein bejahendes Programm der Neuausrichtung sollen aufgestellt werden, um die nazistischen und militaristischen Lehren völlig auszurotten und die Entwicklung demokratischen Gedankengutes zu fördern.

c) Sie werden die Wiedereröffnung von Volksschulen, Mittelschulen und Berufsschulen so bald wie möglich nach Ausschaltung des Nazipersonals genehmigen. Lehrbücher und Lehrpläne, die nazistische und militaristische Lehren enthalten, sollen nicht benutzt werden. Der Kontrollrat soll Programme aufstellen, in denen die Wiedereröffnung der höheren Schulen, Universitäten und anderer Institute für höhere Bildung in Aussicht genommen wird. Nach Entfernung der besonderen nazistischen Spuren und des Nazipersonals und bis zur Abfassung solcher Programme durch den Kontrollrat können Sie innerhalb Ihrer Zone ein vorläufiges Programm aufstellen und in Kraft setzen und auf jeden Fall die Wiedereröffnung derjenigen Einrichtungen und Abteilungen gestatten, in denen eine Ausbildung geboten wird, die Sie für die Verwaltung der Militärregierung und für die Zwecke der Besatzung für unmittelbar notwendig und nützlich halten.

[ . . . ]


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II.

Wirtschaft

Allgemeine Ziele und Kontrollmethoden
16. Sie werden dafür sorgen, daß die deutsche Wirtschaft so verwaltet und kontrolliert wird, daß die in den Ziffern 4 und 5 dieser Direktive enthaltenen Hauptziele erreicht werden. Wirtschaftskontrollen sind nur in dem Maße einzuführen, wie sie zur Erreichung dieser Ziele notwendig sind, vorausgesetzt, daß Sie in vollem Ausmaß die für die Durchführung der industriellen Abrüstung Deutschlands notwendigen Kontrollen einführen. Abgesehen von den für diese Zwecke erforderlichen Maßnahmen werden Sie keine Schritte unternehmen, die (a) zur wirtschaftlichen Wiederaufrichtung Deutschlands führen könnten oder (b) geeignet sind, die deutsche Wirtschaft zu erhalten oder zu stärken.

17. Soweit es irgend möglich ist, ohne die erfolgreiche Durchführung der Maßnahmen zu gefährden, die notwendig sind, um die in den Ziffern 4 und 5 dieser Direktive umrissenen Ziele zu erreichen, werden Sie sich deutscher Behörden und Dienststellen bedienen und diese derart beaufsichtigen und für Nichtbefolgung von Anordnungen bestrafen, wie es notwendig ist, um zu gewährleisten, daß sie ihre Aufgaben ausführen.

Zu diesem Zweck werden Sie allen deutschen Dienststellen und Verwaltungsstellen, die Sie für unbedingt notwendig halten, angemessene Vollmachten erteilen. Vorausgesetzt allerdings, daß Sie sich jederzeit streng an die Bestimmungen dieser Direktive über die Entnazifizierung und die Auflösung oder Ausschaltung von Naziorganisationen, Einrichtungen, Grundsätzen, besondere Merkmale und Methoden halten.

Sie werden, soweit notwendig, einen Verwaltungsapparat errichten, der nicht von deutschen Behörden oder Dienststellen abhängig ist, um die Durchführung der Bestimmungen [ . . . ] und aller anderen Maßnahmen, die für die Erreichung Ihrer die industrielle Abrüstung betreffenden Ziele erforderlich sind, zu vollziehen oder sicherzustellen.

18. Um den Aufbau und die Verwaltung der deutschen Wirtschaft im größtmöglichen Ausmaß zu dezentralisieren, werden Sie

a) dafür sorgen, daß alles, was erforderlich ist, um die lebenswichtigen öffentlichen Versorgungsdienste und die industrielle und landwirtschaftliche Tätigkeit aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, soweit wie möglich auf örtlicher und regionaler Grundlage unternommen wird;

b) im Kontrollrat auf keinen Fall die Errichtung einer zentralisierten Kontrollverwaltung über die deutsche Wirtschaft vorschlagen oder billigen, außer in den Fällen, wo eine solche Zentralisierung der Verwaltung zur Erreichung der in den Ziffern 4 und 5 dieser Direktive aufgeführten Ziele unbedingt notwendig ist. Die Dezentralisierung der Verwaltung darf nicht verhindern, daß im Kontrollrat die weitestgehende Einigkeit über die Wirtschaftspolitik erzielt wird.

[ . . . ]

Deutscher Lebensstandard

21. Sie werden Schätzungen darüber anstellen, welche Zuschüsse notwendig sind, um Hungersnot, die Ausbreitung von Krankheiten und zivile Unruhen zu vermeiden, die die Besatzungsstreitkräfte gefährden könnten. Als Grundlage für diese Schätzungen soll ein Programm dienen, durch das die Deutschen selbst für ihre Versorgung aus eigener Arbeit und eigenen Hilfsquellen verantwortlich gemacht werden. Sie werden alle durchführbaren wirtschaftlichen und polizeilichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, daß die deutschen Hilfsquellen voll ausgenutzt werden und der Verbrauch auf dem Mindestmaß gehalten wird, damit die Einfuhren streng begrenzt und Überschüsse für die Besatzungsstreitkräfte, verschleppte Personen und Kriegsgefangene der Vereinten Nationen sowie für Reparationszwecke verfügbar gemacht werden können. Sie werden nichts unternehmen, was geeignet wäre, den Mindestlebensstandard in Deutschland auf einem höheren Niveau zu erhalten als in irgendeinem benachbarten Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen, und Sie werden geeignete Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, daß der Mindestlebensstandard des deutschen Volkes nicht höher liegt als bei irgendeinem benachbarten Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen, falls solche Maßnahmen dazu beitragen, den Standard in irgendeiner dieser Nationen zu heben.

[ . . . ]

Arbeitsfragen, Gesundheitswesen und Sozialversicherung

23. Sie werden den Arbeitnehmern gestatten, sich nach demokratischen Gesichtspunkten zu organisieren, vorausgesetzt, daß die notwendigen Garantien gegeben sind, um eine Fortsetzung des nazistischen oder militaristischen Einflusses in jeglicher Tarnung oder ein Weiterbestehen irgendwelcher Gruppen, die den Zielen und Unternehmungen der Besatzungsstreitkräfte feindlich gegenüberstehen, zu verhindern.

[ . . . ]

Quelle: Direktive der amerikanischen Stabschefs an den Oberbefehlshaber der US-Besatzungstruppen in Deutschland (JCS 1067) (April 1945); abgedruckt in Wilhelm Cornides und Hermann Volle, Hg. Um den Frieden mit Deutschland. Oberursel (Taunus): Europa-Archiv, 1948; auch abgedruckt in Rolf Steininger, Hg., Deutsche Geschichte 1945-1961. Darstellung und Dokumente in zwei Bänden. Stuttgart: Fischer Taschenbuch Verlag, 1983, Bd. 1, S. 47-52.

http://ghdi.ghi-dc.org/docpage.cfm?docpage_id=2971


Der deutsche Historiker Hubertus Knabe schrieb weiter zur „Befreiung“:

„Auch die Deutschen waren weit davon entfernt, den alliierten Streitkräften jubelnd entgegenzulaufen. Dazu trug nicht nur das schockierende Verhalten der Rotarmisten gegenüber der Zivilbevölkerung bei. Vielmehr identifizierte sich die Bevölkerung bis zum bitteren Ende mehrheitlich mit dem Regime der Nationalsozialisten. Im Unterschied zu vielen anderen Ländern kam es in Deutschland weder zur Bildung von Partisaneneinheiten noch zu lokalen Aufständen. Auch der Widerstand blieb marginal.“

Weiter: „Als die Deutschen endlich niedergerungen waren, dachten die Alliierten folgerichtig nicht daran, ihnen nun die Freiheit zu schenken. Bedingungslose Kapitulation bedeutete vielmehr, dass Deutschland jedes Recht verloren hatte, über seine Zukunft selbst zu befinden. Ausländische Truppen besetzten sein gesamtes Territorium. In der Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 legten die vier Alliierten fest, dass sämtliche Regierungsgewalt bis hinunter zu den Kommunen bei den Besatzungsmächten lag. Jede – auch anti-nazistische – politische Betätigung musste von ihnen genehmigt werden. Die Situation im Mai 1945 ähnelte mehr einer Militärdiktatur als einem demokratischen Neubeginn.“

Und: „Für Millionen Deutsche bedeutete das Kriegsende sogar das Gegenteil von Befreiung. Durch die Kapitulation der Wehrmacht gerieten die meisten deutschen Soldaten in Gefangenschaft, am Ende waren es elf Millionen. Mehr als zwölf Millionen Deutsche wurden zudem aus ihrer Heimat in den Ostgebieten und in Ostmitteleuropa vertrieben. Auch in den vier Besatzungszonen wurden Hunderttausende Zivilisten verhaftet. Die Sowjetunion installierte in ihrer Zone bruchlos eine neue Diktatur, die bis 1989 fortbestand.“

Quelle: https://hubertus-knabe.de/75-jahre-kriegsende/

In der Tat war das Kriegsende eine „Befreiung“ für die Häftlinge in den deutschen Konzentrationslagern, den ausländischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter, ebenso wie für die innerdeutschen Gegner des Nazi-Regimes.

Der britische Premier Winston Churchill schrieb in einem Brief an seinen Außenminister Anthony Eden vom 11. Juli 1944 zum Genozid an den Juden:

„Es besteht kein Zweifel, dass es sich hier um das wahrscheinlich größte und schrecklichste Verbrechen der ganzen Weltgeschichte handelt, das von angeblich zivilisierten Menschen im Namen eines großen Staates und eines führenden Volkes Europas mit wissenschaftlichen Mitteln verübt wird.“

Quelle: https://www.bundesregierung.de/breg-de/suche/8-mai-70-jahrestag-des-endes-des-zweiten-weltkrieges-in-europa-gedenkstunde-im-plenarsaal-des-deutschen-bundestages-ansprache-von-professor-dr-heinrich-august-winkler–805330

Das gilt bis heute!

Dennoch ist der 7./8. Mai 1945 für die Deutschen im engen Sinne zwar ein Tag der Befreiung vom NS-Regime, aber ansonsten der Tag der bedingungslosen Kapitulation, der Besetzung eines Feindstaates durch die Alliierten, ganz abgesehen vom Leid von 14 Millionen Vertriebenen und einer anschließenden Militärdiktatur.

Und nicht zu vergessen: Diese „Befreiung“ brachte für die Ostdeutschen für viele Jahrzehnte eine neue Diktatur, nämlich die unter der SED!

Die Direktive an den Oberbefehlshaber der US-Besatzungstruppen in Deutschland (JCS 1067) (April 1945) belegt dies eindeutig!

Wie der Begriff „Befreiung“ überhaupt in die bundesdeutschen Köpfe kam, beschreibt Historiker Knabe:

„In der Bundesrepublik setzte die Umdeutung des Kriegsendes erst sehr viel später ein. Eine Zäsur bildete dabei die Rede des christdemokratischen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker von 1985. Bei einer Gedenkstunde zum vierzigsten Jahrestag der Kapitulation erklärte er im Deutschen Bundestag: “Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.”

Diese Feststellung war umso bemerkenswerter, als von Weizsäckers Vater bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu sieben Jahren Haft verurteilt worden war und er selbst ihn damals mit verteidigt hatte.“

(…)

„Nach von Weizsäckers Rede wurde die Fiktion eines antifaschistischen Deutschland, das von den Alliierten befreit worden sei, auch in Westdeutschland begierig aufgegriffen. Nach und nach avancierte sie fast zu einer Art Staatsräson der Bundesrepublik.“ 

Quelle: https://hubertus-knabe.de/75-jahre-kriegsende/


Foto: Deutsche Fotothek / CC BY-SA 3.0 DE (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)


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Mitdiskutieren, mitstreiten erlaubt. Konstruktive Kommentare erwünscht. Rassistische, ausländerfeindliche oder antisemitische Meinungen werden nicht geduldet!


5 Gedanken zu „GASTKOMMENTAR: Zum 8. Mai 1945 – US-Direktive 1067 BELEGT: „Deutschland nicht besetzt zum Zwecke seiner Befreiung, sondern als besiegter Feindstaat!“ (US-Präsident Truman)“
  1. Langsam scheint auch der sonstige Wendehals mit vorauseilenden Gehorsam Huberts Knabe aus meiner Sicht begriffen zu haben. Das Historiker nicht nur den bequemen Feigling spielen zu eigenen Vorteil betreiben sollten.
    Bei mir stand der Huberts Knabe bisher auf der Liste der Irrigen…… jetzt will er dabei sein.

    An einem vielseitig unabhängigen denkenden Dr. Holger Strom kommt Dr. Hubertus K. noch nicht ran, er kann
    sich aber schonmal wenden….. wie es jetzt viele tun…. es ist Wendezeit.

    Der Ausgang aus dem Wahnsinn
    https://www.youtube.com/watch?v=2Qxc8ru7sGU
    oder
    https://www.youtube.com/watch?v=r7ZqXK1lyt8

    Gruß
    Uwe E. Mertens

  2. Wie lange werden wir noch teilweise belogen?
    Was kann man also glauben und was nicht?
    Wieso arbeiten „unsere“ Politmarionetten g e g e n statt f ü r uns?

    1. Empfehle dazu dringend die Lektüre von Gerd Schultze-Rhonhof

      „Der Krieg, der viele Väter hatte“

      und

      „Sie sagten Frieden und meinten Krieg“

      (Eine Übersetzung von ihm eines Buches eines amerikanischen Geschichtsprofessors)

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