Auch in Deutschland hatten die Freimaurer Probleme, Juden in ihre Reihen aufzunehmen, denn diese als »gleichberechtigte« Mitglieder zu betrachten, war eine unmögliche Vorstellung. Antisemitismus pur also.
Der Meister der Loge »Drei Weltkugeln« sprach 1763 das aus, was wohl die meisten dachten: nur ein Christ kann Mitglied des Ordens werden.
Drei Jahre später wies die Frankfurter Loge »Zur Einigkeit« das Gesuch einer Logengründung in Kassel zurück, weil sich unter den Gründern auch ein »Kind Israels« befand!
TABUISIERT & VERSCHWIEGEN: »ANTISEMITISMUS & FREIMAUREREI!« (1)
Erst 1774 gewährte die National-Mutterloge jüdischen Freimaurern wenigstens das Besuchsrecht in den Johannisgraden. Dennoch lehnte sie ihre Aufnahme weiterhin ab.
1815 verweigerten die drei Berliner Großlogen Juden die Zulassung.
Einige Jahre zuvor, 1808, gründeten unter der Schirmherrschaft des Grand Orient de France Frankfurter Juden, die in Frankreich in Logen aufgenommen worden waren, die Loge L’Aurore naissante, »Zur aufgehenden Morgenröte«.
Freimaurern war diese »Judenloge« freilich ein Dorn im Auge, aber es gelang ihnen nicht, sich ihrer zu entledigen, auch wenn sie mit allerlei »Tricks« arbeiteten, wie beispielsweise der Einführung des christlichen Prinzips.
Als die »Judenloge« dann auch noch von der englischen Großloge legalisiert wurde, fühlten sich die christlichen Freimaurer brüskiert, erklärten der englischen Mutterloge demonstrativ den Austritt und gründeten die unabhängige »Große Mutterloge des Eklektischen Bundes«, die sich später spaltete und 1933 bei der Machtübernahme der Nazis auflöste.
Auf meine diesbezügliche Anfrage bei den deutschen Großlogen erhielt ich keine Antwort.
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Wieder war es der österreichische Großmeister, der mir mitteilte: »In Österreich gibt es aus einer Reihe von Gründen kein historisches und schon gar kein aktuelles antisemitisches Problem. Das hat mit der wenig christlichen und stark laizistischen Tradition der österreichischen Freimaurerei zu tun und mit dem traditionell relativ hohen Anteil an Juden in der österreichischen Freimaurerei. Auch wenn es den einen oder anderen ›Fall‹ in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg gegeben haben mag, ist die österreichische Freimaurerei mit diesen punktuellen Fällen immer sehr rasch und sehr gut fertig geworden. Dass zur Nazizeit die österreichischen Freimaurer genauso wie die Juden und auch deswegen, weil es hier viele Überschneidungen gab, verfolgt wurden, ist wohl eine bekannte Tatsache.«
Doch die Wirklichkeit sah vielen Orts anders aus: Selbst jüdische Brüder englischer Logen wurden nicht einmal mit ihren Ausweispapieren zu den meisten preußischen Freimaurerlogen zugelassen.
Erst 1841 nahm eine Tochterloge der Großloge von Hamburg einen Juden als Vollmitglied auf. Eine Sensation in Deutschland! Die National-Mutterloge beharrte dagegen immer noch streng auf dem christlichen Prinzip.
Der Antisemitismus in den Freimaurerlogen nahm solche Ausmaße an, dass sogar der »Deutsche Großlogenbund« reagieren musste und 1881 »angesichts der traurigen, für unsere Zeit unerhörten Vorgänge, die an längst versunkene Jahrhunderte erinnern« eine Erklärung gegen diese Judenfeindlichkeit herausbrachte. Er bezeichnete es als Pflicht »alle Bundeslogen und ihre einzelnen Mitglieder aufzufordern, der so genannten antisemitischen Ausschreitung entschlossen und energisch entgegenzutreten«.
Antisemitismus unter Freimaurern wurde scheinbar auch in der Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg betrieben. »Zweifellos konnten sich vielfach Freimaurer der Zwischenkriegszeit dem anschwellenden Antisemitismus nicht entziehen, der vielfach lager- und klassenübergreifend die Gesellschaft durchsetzte … Zweifellos sind aber auch in der Freimaurerei, die ja nur ein Spiegel der Gesellschaft sein kann, antisemitische Traditionslinien eingeflossen«, heißt es dazu im Internationalen Freimaurer Lexikon.
In einigen Großlogen glaubte man dem Antisemitismus »auch aus Opportunitätsgründen namhafte Konzessionen machen zu müssen«. Einige sahen ein, dass sich all dies nicht miteinander vereinbaren ließ, entfernten Unruhestifter und bekannten sich zu Toleranz.
Dennoch führte die »antisemitische Frage« letztlich zur Sprengung des »Deutschen Großlogenbundes«.
Das ist schlimm und bedenklich genug und kann meines Erachtens nicht entschuldigt werden, obwohl es aus Freimaurerkreisen heißt: »All das ist als bedauerliche Zeiterscheinung zu verzeichnen, hat aber mit dem wahren Inhalt der Freimaurerei nichts zu tun und wird von den Geistigen aller Lehrarten abgelehnt.«
Obwohl Antisemitismus und Freimaurerei dem Sinn nach unvereinbar sind, scheint interessant und sehr bemerkenswert für einen »humanitären« Bund, dass es viele Jahre »antisemitische Tendenzen« in den Freimaurerlogen gegeben hat und Juden deswegen sogar ihre eigenen Logen, beispielsweise B’nai B’rith, gründen mussten.
Unter dem Stichwort »Rassenhass« finden wir im Internationalen Freimaurer Lexikon folgendes: »Rassistisch motivierte Ausgrenzung liegt eindeutig in jenen freimaurerischen Milieus des 19. und 20. Jahrhunderts vor, die Juden (z.B. Amerika, Deutschland) oder Farbige (z.B. Nordamerika) nicht aufnahmen …«
Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen.
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Quellen: Vgl. Ferdinand Runkel: „Geschichte der Freimaurerei“, Reprint von 1932, o.O. 2006, Erster Band, S. 15
/Eugen Lennhoff/Oskar Posner/Dieter A. Binder: „Internationales Freimaurer Lexikon“, München 2006 (5. überarbeitete und aktualisierte Ausgabe), S. 82, 83,139, 140, 250, 441ff., 691/ vgl. Karl.Heinz Lock: „Stichwort Geheimbünde“, München 1994, S. 78/Jürgen Holtorf: „Die Logen der Freimaurer – Geschichte, Bedeutung, Einfluss“, München 1991, S. 155/Dieter A. Binder: „Die Freimaurer – Ursprung, Rituale und Ziele einer diskreten Gesellschaft“, Freiburg i.Br. 1998, S. 25/Helmut Neuberger: „Winkelmaß und Hakenkreuz – Die Freimaurer und das Dritte Reich“, München 2001, S. 27, 34, 37, 38, 45/E-Mail von Dr. Michael Kraus (Großmeister der „Großloge von Österreich“ v. 04.07.07 an den Autor/Archiv Grandt