Schon seit Jahren bin ich mit Kollegen und Kolleginnen, sowie Evelyne Kern, Journalistin, Schriftstellerin und Vorsitzende des Vereins „Community of interests against Bezness“, kurz CiB, einem organisierten, kriminellen Betrugsgeschäft auf der Spur, das sich Bezness nennt. Das Wort ist zusammengesetzt aus dem deutschen „Bez(iehung)“ und dem englischen „Busi(ness)“. Es bezeichnet das unsägliche Geschäft mit vorgespielter Liebe, bei dem es nur vordergründig um Sex geht, sondern hauptsächlich um materielle und/oder finanzielle Vorteile zu erhalten oder durch eine Blitzheirat ein Ticket nach Europa zu ergaunern . Die Tatorte: beliebte Urlaubsländer (überwiegend orientalisch-islamische und afrikanische Länder wie beispielsweise die Türkei, Tunesien, Marokko, Ägypten, Gambia und Kenia). Die Opfer: Touristinnen. Die Täter (Beznesser): Hotelangestellte, Animateure, Kellner, Taxifahrer, Reiseführer etc.

Dabei handelt es sich keineswegs um Einzelfälle oder gar um ein „Kavaliersdelikt“, sondern um organisierten Betrug. „Bezness ist ein Millionengeschäft“, sagt Evelyne Kern. Sie kümmert sich um Bezness-Opfer. CiB ist die einzige Anlaufstelle dafür im deutschsprachigen Raum. Laut Experten verursacht die Bezness-Mafia jährlich einen Schaden von 1,5 Milliarden Euro für das deutsche Sozialsystem (weil z.B. Sozialhilfe und Hartz IV für verschuldete Opfer oder hier verheiratete Täter oder Abschiebekosten anfallen). „Allein von Tunesien-Urlauberinnen werden jedes Jahr 1800 schwere Betrugsfälle gemeldet“, berichtet Evelyne Kern. „Dem Betrüger, dem Beznesser ist es egal, welche Frau das ist; Hauptsache sie hat zwei Voraussetzungen: sie heiratet ihn, damit er den Aufenthaltsstatus für Deutschland bekommt und sie hat genug Geld. Frauen, die alleine in den Urlaub fahren, haben vielleicht auch gerade eine Beziehung hinter sich, sind anfällig für schöne Worte und diese Typen wissen ganz genau, wie sie auf diese Frauen zugehen müssen, wie sie auf sie eingehen müssen. Wenn jemand sagt, dass die Frauen selbst schuld sind, dann irrt er. Wenn sich eine Frau verliebt, dann vertraut sie dem Menschen.“ Den Behörden in Deutschland sind das Problem und viele Fälle bekannt – sie versuchen aber, das Thema klein zu halten: „Betroffene müssen sich mit Mitteln des ausländischen Rechts gegen Betrugsfälle wehren“, so die nüchterne Erklärung des Auswärtigen Amts. Aber: „Klagen in den Herkunftsländern der Männer sind sinnlos, keine Betrogene hat je Gerechtigkeit erfahren“, sagt Evelyne Kern. CiB hat auch Petitionen ans Bundeskanzleramt und den Bundestag geschickt: „Wir wollen, dass Bezness zur offiziellen Straftat erklärt wird.“ In einem Schreiben vom Mai 2011 bedankt sich das Bundeskanzleramt im Namen der Kanzlerin zwar bei Evelyne Kern und ihrem Verein mit den Worten: „…Die Aufklärung von Frauen, von potentiellen Opfern, ist deshalb besonders wichtig. Hierzu leisten Sie einen wesentlichen Beitrag. Insbesondere in der Prävention, aber auch bei der Unterstützung von betroffenen Frauen, macht sich Ihr Verein verdient. Abschließend möchte ich Ihnen nochmals für Ihre Gesellschafts wichtige Arbeit danken und Ihnen dabei weiterhin viel Erfolg wünschen.“ Aber bislang scheint sich die bundesdeutsche Politik nicht dafür zu interessieren. Bezness-Opfer werden allein gelassen. Nicht nur in den Heimatländern der Liebesbetrüger, sondern auch in Deutschland, wie Evelyne Kern vom Verein CiB bemängelt.

Im Rahmen meiner Recherchen habe ich bei den bundesdeutschen Ministerien nachgefragt.

Das Auswärtige Amt teilt  lapidar mit: „…Betroffene müssen sich mit den Mitteln des ausländischen Rechts gegen Betrugsfälle wehren. Das Auswärtige Amt kann auf ausländische Gerichtsverfahren keinen Einfluss nehmen…“

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erklärt: „…bei den Ansprüchen der Heiratsschwindel-Opfer gegenüber den Heiratsschwindlern … (geht es) … um zivilrechtliche Ansprüche, deren Durchsetzung den Schwierigkeiten unterliegt, die grundsätzlich bei zwischenstaatlichen Rechtsstreitigkeiten bestehen…“

Das Bundesministerium der Justiz geht auf meine Anfrage erst gar nicht ein.

Dafür antwortet beispielsweise die türkische Botschaft in Berlin auf die Frage hin, ob das Problem Bezness bekannt sei: „Davon liest man, ja.“ Und wird Handlungsbedarf gesehen? „Wir haben Besseres zu tun!“

Ich war selbst unlängst in Tunesien, der Türkei und in Kenia und habe mit Kollegen und Kolleginnen (als Lockvögel) Undercover-Aufnahmen über die Arbeit der Beznesser, ihre Anbandeltaktiken und Abzockmethoden sowie verdeckte Interviews mit Tätern und Insidern gedreht. Darüber gibt es verschiedene Artikel und einen Film. Wir haben aufdecken können, nach welchen Regeln und mit welchen Methoden das Geschäft mit den Gefühlen einsamer Urlauberinnen funktioniert.

Hier der Link zum Trailer bei „bild.de“:

http://www.bild.de/news/ausland/betrug/bezness-abzocke-urlaubs-liebe-19966946.bild.html

Mehr Infos zum Thema Bezenss auch unter:

www.CiBev.de

oder auf meinem Blog auf „1001Geschichte“ klicken.

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