Die Volksabstimmung für eine begrenzte Einwanderung in der Schweiz ist gelaufen: Mit 50,3 Prozent entschied sich das eidgenössische Volk dafür, die Zuwanderung der Ausländer einzuschränken.
Die Regierung in Bern, die gegen die Initiative war, muss nun binnen drei Jahren das Anliegen umsetzen. Justizministerin Simonetta Sommaruga: „Die Schweiz wird also in Zukunft die Bewilligungen für den Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern durch Höchstzahlen und Kontingente begrenzen“.
Ein wohl einmaliger Vorgang in der ein ganzes Volk über eine solch wichtige Frage entscheidet und vor allem, entscheiden kann.
Das ist Demokratie – direkte Demokratie. Und doch muss sich die Schweiz nun für seine Volksastimmung EU-weit schelten lassen, weil das Ergebnis nicht so ausging, wie es die Eurokratiker erwarteten.
Sicher – Europaweit jubeln die rechten Populisten und fühlen sich in ihrer Forderung nach weniger Migration bestätigt. Doch muss man sich jetzt etwa die Frage stellen – oder anders ausgedrückt – einen Generalverdacht erheben, ob über die Hälfte der Schweizer Ausländerfeindlich oder gar „verkappte Nazis“ sind?
Hört man sich die Kritik aus der EU an, kann dieser Eindruck entstehen.
So überziehen die Verantwortlichen der EU das Schweizer Volksvotum mit harscher Kritik. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (CDU), sagte, das Votum der Schweizer sei nicht verständlich. „Wir können das nicht widerspruchslos hinnehmen“.
Der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz, ermahnte die Schweizer, sie könnten nicht nur die Vorteile der EU für sich nutzen. „Man kann nicht alle Vorteile des großen europäischen Binnenmarktes für sich in Anspruch nehmen, sich dann aber teilweise raustun“. Er hatte vor der Abstimmung gewarnt, dass ein Ja der Schweizer für weniger Einwanderung radikalen Kräften in Europa Auftrieb geben könnte.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erklärte: „Wir bedauern diese Entscheidung. Das wird eine Menge Schwierigkeiten für die Schweiz verursachen.“
Kritik, Empörung, Ermahnungen, Drohungen an einen souveränen Staat, der mit einer urdemokratischen Volksbefragung auf die Meinung seiner Bürger hörte. Unabhängig vom Ausgang dieses Votums, sind dies unsägliche Instrumentarien, derer sich diejenigen bedienen, die nicht einmal das Recht dazu haben, sich in die inneren Angelegenheiten eines anderen souveränen Staates einzumischen. Und tun es dennoch.
Mit am Schlimmsten trieb es dabei wohl derLandes- und Fraktionsvorsitzender der SPD in Schleswig Holstein, Ralf Stegner, der gleichzeitig auch Mitglied im SPD-Parteivorstand ist. Einer Partei also, die mit die Regierung in Deutschland bildet.
Nach Bekanntwerden des Votums des Schweizer Volkes twitterte er:
„Die spinnen, die Schweizer! … Geistige Abschottung kann leicht zur Verblödung führen.“
Hier: https://twitter.com/Ralf_Stegner
Das ist eigentlich ein Politskandal, der hierzulande entweder nicht beachtet oder nur kleingeredet wird: Ein Mitglied einer deutschen Regierungspartei beleidigt über 50 Prozent eines ausländischen Volkes, bezeichnet sie als „Spinner“! Wirft ihnen sogar vor, wenn sie nach dem Willen des Volksentscheides handeln würden, dies eine „geistige Abschottung wäre“ und „leicht zur Verblödung führen könnte!“
Ein unglaublicher Fauxpax, den sich Stegner da erlaubt. Aufgrund des Shitstorms, der wohl auf ihn niederprasselte, versuchte er schnell wieder zurückzurudern, in dem er twitterte: „Nochmal wegen der vielen Rückmeldungen:Wollte nicht DIE Schweizer pauschal beleidigen, sondern nur das Anti-Ausländervotum hart kritisieren.“
SPD-Stegner hat sich mit seiner Schweizer Volksschelte und Demokratie-Schelte – nichts anderes ist es, wenn eine Volksbefragung dermaßen kritisiert wird – nicht nur selbst geoutet, sondern auch ins Aus geschossen.
Wer außer den EU-Getreuen möchte einen Politiker halten, der ein Vokabular gegen ein anderes Land an den Tag legt, das an dunkle Zeiten der deutschen Geschichte erinnert?
Es wird Zeit, dass sich Ralf Stegner dafür öffentlich entschuldigt. Ansonsten ist er als Politiker nicht mehr tragbar!
Die Schweizer Medien berichten sehr viel differenzierter und auch pointierter über die Volksbefragung..
Ein Beispiel aus „20Min.ch“ (Hervorhebungen durch mich):
Was sind die Gründe für die Schlappe? Laut Kampagnenexperte Louis Perron gibt es eine Kluft zwischen der Führungsriege im Land und der Bevölkerung. «Die Bevölkerung hat sich nicht ernst genommen gefühlt von der Regierung. Ihre Ängste wurden als diffus oder als Verblendungen abgetan, anstatt dass man akzeptiert hätte, dass ein grosser Teil der Bevölkerung eine andere Meinung hat.» Zudem sei das Vertrauen gegenüber der Regierung und der Wirtschaftsverbände gesunken. Die jüngsten Schlagzeilen um die Offshore-Geschäfte des Wirtschaftsministers Johann Schneider-Amman seien sicher auch nicht förderlich gewesen.
Auch Politologe Thomas Milic von der Universität Zürich spricht von einer bitteren Pille für den Bundesrat. «Es ist das erste Mal, dass die Schweiz bei einer wirklich wichtigen Wirtschaftsfrage Nein gesagt hat.» Dies zeige, dass die Folgen der Zuwanderung in der Bevölkerung ein dringendes Problem seien.
Ins gleiche Horn bläst BDP-Nationalrat Hans Grunder: «Viele Wirtschaftsleute haben die Initiative leider auf die leichte Schulter genommen und eine falsche Einschätzung gemacht.» Zu viele hätten sich darauf verlassen, dass das Schweizer Volk wie immer in der Vergangenheit «vernünftig» entscheiden werde. «Die Ängste wurden nicht wahrgenommen und bagatellisiert.»
Bundesrätin Simonetta Sommaruga bestritt an der Pressekonferenz, das Unbehagen in der Bevölkerung nicht wahrgenommen zu haben. «Der Bundesrat hat bereits früher klar gemacht, dass es negative Auswirkung gibt, wenn die Bevölkerung rasch wächst.» Man habe auch verschiedene Massnahmen getroffen. Sommaruga übte aber auch Selbstkritik: Die Argumente, die die Gegner der Initiative entgegensetzten, hätten die Mehrheit nicht überzeugt, sagte sie. Das Abstimmungsresultat sieht sie als Zeichen der Verunsicherung. Viele Menschen hinterfragten heute ein rein quantitatives Wachstum. «Wir sollten uns Gedanken darüber machen, wie wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedürfnisse in Einklang gebracht werden können», so die Justizministerin.
Economiesuisse-Präsident äussert im leise Selbstkritik: «Die Befürworter haben Themen wie Wohnungsnot, überfüllte Züge oder den Druck auf dem Arbeitsmarkt sehr stark ins Zentrum gestellt.» Vielleicht hätten Politik und Wirtschaft in den letzten Jahren zu wenig nach Lösungen und Antworten gesucht, um diesen Ängsten entgegenzutreten. Doch Karrer betont wie Justizministerin Sommaruga, dass das Resultat zu akzeptieren sei. «Die Initiative muss nun massvoll umgesetzt werden, und wir werden uns dabei einbringen.»
Quelle: http://www.20min.ch/schweiz/dossier/zuwanderung/story/-Groesste-Niederlage-fuer-Bundsrat-seit-dem-EWR–10845410
Das sind die Fragen, die sich nicht nur die Schweizer hätten sehr viel früher stellen sollen, sondern auch hierzulande und in der EU.
Nur so kann man rechten Rattenfängern den Wind aus den Segeln nehmen.
Und nicht mit Drohungen, Ermahnungen und Beleidigungen gegen einen souveränen Staat und der Mehrheit seiner Bevölkerung.