EIN KOLLEGENBEITRAG von OLIVER GREYF (investigativer Journalist)


Teil 1: Das Opfer – Die Tat

Es gibt Kriminalfälle, die lassen einen als Journalist nicht los. Sei es wegen ihrer hohen Brisanz, wegen ihrer erschreckenden Einzelheiten oder weil sie einen trotz aller Berufserfahrung emotionalisiert haben. Beim Fall Christine van Hees ist alles drei der Fall. Überdies gab es einige Rückfragen bzgl. weiterer Einzelheiten zu dem Fall und Bitten um mehr Detail-Informationen.

Gleichwohl ich in mehreren Artikeln und umso mehr in meinen Büchern auf diesen Fall eingegangen bin, werde ich, auch aus Eigeninteresse, weitere Einzelheiten nennen.

In erster Linie werde ich die vielen „Ermittlungspannen“ und Widersprüche benennen.

Außerdem möchte ich dem Opfer ein Gesicht geben, sowohl wörtlich als auch im übertragenen Sinne.

Wer meine vorige Artikelserie zu dem Thema noch nicht kennt, dem sei empfohlen, dieser vor dem Lesen dieses Artikel zu studieren (s.u.).

Kurze Einführung:

Am 13. Februar 1984 fand ein grausamster Foltermord in Brüssel statt.

Laut Aussagen der aus den Dutroux-Prozess bekannten Zeugin Regina Louf waren Marc Dutroux, Michel Nihoul, dessen Lebensgefährtin Annie Boutie und andere Personen, die als Täter im Dutroux-Netzwerk von verschiedenen Personen benannt wurden, beteiligt.

Das Opfer

Christine van Hees wurde am 6. April 1967 als Tochter von Antoinette und Pierre van Hees geboren, ihr Vater betrieb einen Zeitschriftenhandel, ihre Mutter war Holzarbeiterin.

Sie wuchs in stabilen Verhältnissen auf, wurde als extrovertiert, gesellig und lebenslustig, dabei auch etwas naiv beschrieben. Sie hörte, für Mädchen in ihrem Alter ungewöhnlich, am liebsten klassische Musik. Ihre Hobbys waren u.a. Eislaufen, Reiten und Schwimmen, außerdem war sie Teil einer Pfadfindergruppe und unternahm Reisen ins Ausland. Besonderes Interesse hatte sie an Geschichte und dem Erlernen von Sprachen. Sie hatte viele Freunde, welche aus verschiedenen Szenen stammten, so war sie mit Personen aus der Punker-,  –Motorradrocker- und Skinhead-Szene genau so befreundet wie mit Hippies und Straßenmusikern. In ihrer Freizeit besuchte sie gerne verschiedene Clubs für junge Leute. Sie galt als gute Schülerin, die sich z.B. auch an Theater-Projekten beteiligte. Außerdem engagierte sie sich in einem lokalen Radiosender. Jedoch hatte sie auch eine tiefgründige Seite, wusste über Sekten bescheid und beschäftigte sich mit Okkultismus. Sie interessierte sich für Geheimnisvolles und Verborgenes.

Alles in Allem, eine junge Frau mit Perspektiven, der sicher sehr viele Türen offen gestanden hätten, wenn sie nicht das Leben auf einen schlechten Pfad geführt hätte, der ihr am Ende das Leben kostete.

Zwei Bilder von der jungen Christine van Hees:

Die Tat und ihre Hintergründe

Die eigentliche Involvierung im Dutroux-Netzwerk begann höchstwahrscheinlich Anfang 1983, als sie Marc Dutroux in einer Eislaufhalle in Brüssel kennenlernte. Marc Dutroux und sein Komplize Bernard Weinstein besuchten diese Eishalle, um junge Frauen kennenzulernen und sie in ihr Netzwerk zu locken. Spätestens ab September 1983 stand sie in einer Beziehung mit Michel Nihoul.

Im gleichen Zeitraum kam es zu einer „Initiation“ ins Netzwerk. Van Hees nahm an einer Art Schwarzen Messe teil, die von Michel Nihoul ausgerichtet wurde, bei dieser Messe wurden kleine Kinder gequält und missbraucht, es kam es zu einer Tieropferung, außerdem wurde ein Snuff Film gezeigt. Nicht unwahrscheinlich ist, dass diese Initiation im Schloss Faulx les Tombes (dt.: Die Gräber von Faulx) stattgefunden hat, denn selbiges wurde mehrfach mit Opferungen und Ritualen in Verbindung gebracht, Nihoul feierte dort Sexpartys, bei diesen soll es zum Missbrauch von Kindern und Jugendlichen gekommen sein, überdies ist bekannt, dass van Hees in der gleichnamigen Stadt Urlaub machte.

Kurz nach dieser Initiation begann eine Verhaltensänderung bei Christine van Hees.

Sie berichtete ihren Freunden von einer Gruppe, welche sie in einem verlassenen Haus traf, dieses Gebäude befindet sich in der Nähe ihres Zuhause. Bei diesem Haus handelte es sich um eine stillgelegte und verwahrloste Pilzzuchtanlage. Van Hees sprach davon, dass diese Gruppe sehr gefährlich ist, wenn man über sie redet, werden sie einen töten und in dem Haus verbrennen. Spätestens zu dieser Zeit begann sie ein Tagebuch zu führen, welches sie in dem verlassenen Haus versteckt hat. Ihrem Umfeld fiel eine deutliche Veränderung von Christine auf, sie nahm deutlich an Gewicht ab und ihre Hautfarbe war bleicher als sonst.

Eine gute Freundin von Christine, die umfänglich zu dem Fall aussagte, steht durch Einheiratung familiär mit dem Mörder (Patrick Derochette) eines Kindes in Verbindung, dessen Familie wiederum mit Michel Nihoul in Verbindung steht, außerdem gibt es noch weitere Hinweise, die eine Verbindung des Mörders mit dem Dutroux-Netzwerk nahe legten.

Anmerkung: Derochette wurde vor einigen Jahren unter nicht vollends aufgeklärten Umständen von Gefängnis-Mitinsassen getötet. Der dringende Verdacht einer Zeugen-Beseitigung steht im Raum.

Nachdem van Hees in das Netzwerk aufgenommen wurde, wollte sie dieses verlassen, hatte aber Angst vor den Racheakten von Michel Nihoul und seiner Gruppe. Ein anderes Mitglied berichtete Nihoul von van Hees’ Überlegungen, sich zurück zu ziehen.

Die Strafe für diese Überlegungen war der Foltermord, welcher sich am 13. Februar 1984 zutrug.

Laut der Opfer-Zeugin Regina Louf waren an dem Mord Marc Dutroux, Bernard Weinstein, Michel Nihoul, Annie Bouty und weitere Personen beteiligt.

Der Mord selber trug mehrere Anzeichen von Ritueller Gewalt und wurde auch von der Presse als „Sadistisches Ritual“ bezeichnet, so wurde van Hees z.B. auf „einer Art Scheiterhaufen“ verbrannt. Wir erinnern uns an dieser Stelle, dass van Hees vorher sagte, sie würde verbrannt werden, wenn sie aussteigen wolle. Das Gebäude, in dem sich der Mord ereignete, wurde 1989 abgerissen.

In den Tagen nach den Morden zahlte Marc Dutroux immer wieder kleinere und größere Geldsummen auf sein Konto ein. Bei den Ermittlungen kam es zu vielen Auffälligkeiten und „Pannen“. Z.B. gestand ein psychisch kranker Herumtreiber die Tat, lieferte eine Menge unsinniger Informationen, widerrief seine Geständnisse mehrfach, nur um kurz darauf ein neues abzulegen. Eine Person aus dem Umfeld von van Hees wurde als unverdächtiger Zeuge befragt, obwohl nichts gegen ihn vorlag, floh er kurz darauf aus Belgien. Einer der Ermittlungsrichter wurde später als Teil des Dutroux-Netzwerkes benannt. Im Zuge der Ermittlungen kam es zu einem Zeugensterben, dem neun Personen zum Opfer fielen.

1996, nach dem Auffliegen des Dutroux-Netzwerks, tätigte die Opfer-Zeugin Regina Louf Aussagen, die zunächst nicht ernst genommen wurden. Erst als sie den Mord an van Hees in allen Einzelheiten beschrieb (durch Abgleich mit Obduktionsberichten und Aktenauszügen von damals wurde bewiesen, dass sie Tatzeugen-Wissen hatte), wurde klar, dass sie als Zeugin ernstzunehmen ist. Durch Loufs Aussage kamen die Ermittlungen zum Dutroux-Netzwerk ins Rollen, weswegen dem Mord an van Hees eine besondere Bedeutung beizumessen ist.

FORTSETZUNG FOLGT!


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Das Buch  Die X-Akten -Die Protokolle des Kriminalfalls Marc Dutroux

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Weitere Artikel zum Fall:  

[1] OLIVER GREYF: Das DUTROUX-Netzwerk & der Mordfall Christine van Hees (1) – GUIDO GRANDT

 

OLIVER GREYF: Das DUTROUX-Netzwerk & der Mordfall Christine van Hees (2) – GUIDO GRANDT

 

OLIVER GREYF: Das DUTROUX-Netzwerk & der Mordfall Christine van Hees (3) – GUIDO GRANDT

 

OLIVER GREYF: Das DUTROUX-Netzwerk & der Mordfall Christine van Hees (4) – GUIDO GRANDT

 

OLIVER GREYF: Das DUTROUX-Netzwerk & der Mordfall Christine van Hees (5) – GUIDO GRANDT


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2 Gedanken zu „OLIVER GREYF: »Der Foltermord Christine van Hees (erneut) unter der Lupe« (TEIL 1)“

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