Der 28. Juni 1914 war ein herrlicher Sommertag, gleichzeitig auch der letzte Tag des Aufenthalts des Thronfolgerpaars in Bosnien, bevor es mit dem Zug zurück nach Wien zu den Kindern gehen sollte.

Nur wenige wussten, dass bereits imaginäre dunkle Wolken am blauen Himmel aufzogen und dieser Tag einer der unheilvollsten der Geschichte mit einem der folgenschwersten Morde werden würde. Ein Tag, dessen Auswirkungen kurze Zeit später die ganze Welt in Brand setzte und in einen Krieg verwickelte, der vernichtender und grausamer als alle anderen zuvor war: den Ersten Weltkrieg.

VON WEGEN VERSCHWÖRUNGSTHEORIE! – »Das Attentat von Sarajewo, Freimaurer & der Weg in den 1. Weltkrieg!« (1)

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Wenden wir uns nun der Rekonstruktion der „Hinrichtung“ zu, die ich aus verschiedenen, vor allem aber zeithistorischen Quellen, zusammengetragen habe. Nicht immer ist sie einheitlich, deshalb versuche ich nachfolgend, den „roten Faden“ zu finden.

Nachdem der Erzherzog die Manöver des Armeekorps an den Tagen vorher besucht und am Abend zuvor noch im Hotel Bosna in Ilidže zu einem Abschiedsdiner geladen hatte, trafen er und seine Frau kurz nach zehn Uhr in Sarajewo ein. Dabei ahnten sie nicht im Geringsten, dass sie bereits erwartet wurden: von einer Gruppe von Verschwörern, auf die ich später ausführlich zu sprechen kommen werde.

Der Thronfolger und sein Gefolge besichtigten zuerst eine Kaserne am Westrand von Sarajewo und fuhren dann, trotz Warnungen vor einem Terroranschlag, in einem offenen Wagen, einem Doppel-Phaeton der Wiener Autofabrik Gräf & Stift, in einer Autokolonne zum Rathaus.

Anmerkung: Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider starb 94 Jahre später ebenfalls in einem Modell Phaeton. Meinen Recherchen nach, die ich auf fast 900-Seiten dokumentiert habe, war dieser „Unfall“ ein Mordanschlag (siehe: Guido Grandt: Mordkomplott Jörg Haider – Fakten & Vertuschungen zum Attentat auf Europas erfolgreichsten Populisten).

Zurück nach Sarajewo ins Jahr 1914: Die Kolonne bestand aus sieben Fahrzeugen. Im ersten befanden sich Offiziere der örtlichen Polizei, im zweiten der Bürgermeister und der Regierungs(vize)kommissär Dr. Edmund Gerde, dem die Gendarmerie unterstand. Im dritten Wagen Franz Ferdinand und seine Gemahlin Sophie, dessen Adjutant und Besitzer des Phaeton, Graf Franz Harrach, General Oskar Potiorek, der Militärgouverneur und Landeschef von Bosnien und der Herzegowina sowie der Chauffeur. In den vier folgenden Autos fuhren die Mitglieder des Stabes und das Gefolge des Thronfolgers.


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Zunächst verlief die Fahrt reibungslos. Dabei hatten sich die Terroristen bereits völlig ungehindert in etwa hundert Metern Abstand entlang der Straße postiert. Dies war möglich, weil zuvor eine Lokalzeitung das Programm – und damit auch die Strecke – der Visite veröffentlicht hatte. Die Route war also alles andere als geheim.

Die Verschwörer waren Muhamed Mehmedbasić, Vaso Cubrilović, Nedeljko Căbrinović, Cvetko Popović, Gavrilo Princip und Trifko Grabež. Sie hatten von Danilo Ilić, dem technischen Organisator des Attentats, Waffen zur Tatausführung erhalten.

Nun waren die Terroristen zwischen den drei Brücken postiert, die unterhalb der Fahrstrecke lagen. Genauer standen die ersten drei Täter an der Flussseite des Kais in der Nähe der Cumurijabrücke. Mehmedbasić hielt sich etwa zwanzig Meter davor in Richtung Bahnhof auf, Cubrilović an der Ecke von Brücke und Kai, Căbrinović rund einen Meter nach dieser Kreuzung, Princip an der Ecke der Lateinerbrücke. Auf der anderen Straßenseite befanden sich Popović und unweit von ihm Ilić.

Als erstes passierte die Wagenkolonne Muhamed Mehmedbasić. Allerdings versagten dem einzigen muslimischen Attentäter die Nerven, weil er irrtümlich glaubte, hinter ihn wäre ein Polizist getreten. Dadurch war er handlungsunfähig.

Als der Konvoi an der Österreichisch-Ungarischen Bank vorüber fuhr, warf ein anderer Terrorist, nämlich Nedeljko Căbrinović, eine Handgranate mit Zeitzündung gegen das dritte Auto, in dem Franz Ferdinand und die bereits aufgeführten Fahrgäste saßen.

Davon wusste der Attentäter, weil er sich zuvor bei einem Polizeispitzel erkundigt hatte. Warum dieser das ausplauderte, bleibt bis heute ein Rätsel … Ebenso, weshalb sich Căbrinović noch kurz vor dem Anschlag mit der Handgranate in der Tasche und einer Zeitung in der Hand hatte fotografieren lassen. Wenig glaubhaft, dass dies zum Andenken geschehen sei, wie er später bekennen sollte.

Seine Bombe jedenfalls verfehlte das Ziel, schlug auf das zurückgeklappte Verdeck des Wagens und landete auf der Straße.

Anderen Augenzeugen nach soll ein Sprengkapselsplitter den Hals Herzogin Sophies geritzt haben. Mit einer Handbewegung schleuderte der Thronfolger die Handgranate weg, die dann auf die Fahrbahn kollerte, vor dem nächsten Fahrzeug explodierte und ein Loch in die Straße riss.



Der Erzherzog ließ den eigenen Wagen anhalten und befahl nachzusehen, ob es Tote oder Verletzte gegeben hatte. Tatsächlich war das Auto erheblich beschädigt. Einer der Insassen, Oberstleutnant Erik von Merizzi, der Adjutant des Gouverneurs, war schwer verwundet, blutete stark aus einer Kopfwunde. Weitere zwanzig Menschen aus der Menge waren leicht lädiert.

Bevor Nedeljko Căbrinović eine mitgeführte Zyanidkapsel zerbeißen konnte (andere Quellen sprechen von Zyankalipulver, das er schlucken wollte) wurde er von Gendarmen und wütenden Passanten überwältigt. Er selbst gab später an, über die hohe Ufermauer in den Fluss Miljăcka gesprungen zu sein. „Ich wollte mich vergiften, das misslang, da ich in der Aufregung das weiße Pulver verstreute. Detektive jagten mir nach und schleppten mich zur Polizei …“

Die anderen Verschwörer (Mehmedbasić, Cubrilović, Popović und Ilić) ergriffen die Flucht.

Währenddessen fuhr der Konvoi weiter ins Rathaus, um der Rede des Bürgermeisters zu lauschen, der im ersten Auto vorausgefahren war und von dem Attentatsversuch nichts bemerkt hatte. Die Wagen rasten unbehelligt an den beiden verbliebenen Terroristen Princip und Grabež vorbei, die wahrscheinlich aufgrund des Detonationsgeräuschs von Căbrinović Handgranate glaubten, dass das Attentat erfolgreich verlaufen war.

FORTSETZUNG FOLGT!


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